Alice Schwarzer geb. 1942

  • 1942

    3. Dezember: Alice Sophie Schwarzer wird in Wuppertal-Elberfeld als Tochter einer ledigen Mutter geboren und wächst bei ihren jungen Großeltern auf, die sie ihre "sozialen Eltern" nennt. Die Großeltern betreiben eine kleine Tabakwarenhandlung. Besonders der nach Schwarzers Angaben "sehr mütterliche Großvater" kümmert sich um die Enkelin.

  • 1957

    Nach der Volksschule zweijähriger Besuch der Handelsschule in Elberfeld.

  • 1959

    Beginn einer kaufmännischen Lehre in einer Autohandlung in Wuppertal.

  • 1962-1963

    Schwarzer geht nach Düsseldorf und arbeitet als Sekretärin. Anschließend siedelt sie nach München über, wo sie Büroarbeiten in einem Verlag erledigt.

  • 1963-1966

    Entscheidung, Journalistin zu werden, und Umzug nach Paris. Mit Gelegenheitsjobs finanziert sie sich ein Sprachenstudium an der Alliance Française und an der Sorbonne in Paris.

  • 1966

    Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland.

    Bei der Aufnahmeprüfung zur Journalistenschule fällt Schwarzer durch.

  • 1966-1968

    Volontärin und Redakteurin bei den "Düsseldorfer Nachrichten".

    Während dieser Zeit beschäftigt sie sich unter anderem mit dem Schicksal lediger Mütter, den Arbeitsbedingungen von Prostituierten und der sozialen Lage weiblicher Teilzeitkräfte.

  • 1968-69

    Nach kurzzeitiger Mitarbeit bei verschiedenen Zeitschriften wird Schwarzer Reporterin der Satire-Zeitschrift "Pardon" in Frankfurt/Main, als Nachfolgerin von Günter Wallraff.

    Nach einem halben Jahr zieht sie zurück nach Paris und arbeitet als freie Korrespondentin.

  • ab 1970

    Alice Schwarzer engagiert sich in der Frauenbewegung zunächst in Frankreich und später in der Bundesrepublik. Sie gehört zum harten Kern des "Mouvement de libération des femmes" (MLF), einem Netzwerk, das die verschiedenen französischen feministischen Gruppen zusammenfasst. Schwarzers Position beruht auf einer grundsätzlichen Gleichheit aller Menschen, die unabhängig von biologischen Geschlechterunterschieden ist.

    Sie wird zu den "feministes radicales" gezählt, die sich zwar als "links gerichtet" verstehen, aber den Kampf gegen das Patriarchat wichtiger finden als den Kampf gegen den Kapitalismus.

  • 1970

    Bei einem Interview mit Jean Paul Sartre begegnet Schwarzer erstmals der Philosophin Simone de Beauvoir, deren Buch "Das andere Geschlecht" als Grundlagenwerk der Neuen Frauenbewegung gilt. 1972 wird das erste von sechs langen Interviews veröffentlicht, die Schwarzer innerhalb von zehn Jahren mit de Beauvoir führt.

  • 1970-1974

    Studium der Psychologie und Soziologie an der Pariser Universität Vincennes.

    Gleichzeitig arbeitet Schwarzer als freie politische Korrespondentin in Paris.

  • 1971

    Dem Vorbild französischer Frauen folgend initiiert Schwarzer den "stern"-Artikel "Wir haben abgetrieben", in dem sich 374 Frauen selbst der Abtreibung bezichtigen. Der Artikel führt zu einer breit angelegten Kampagne gegen den § 218 und wird als Anfangspunkt der Neuen Frauenbewegung in der Bundesrepublik angesehen.

    Veröffentlichung ihres ersten Buches "Frauen gegen den § 218". Darin beschreibt Schwarzer die Frauen der Studentenbewegung, die sich innerhalb des Sozialistischen Studentenbundes (SDS) gegen die männlich dominierten Strukturen der Gruppierung auflehnen.

  • ab 1971

    Schwarzer pendelt zwischen Frankreich und der Bundesrepublik und engagiert sich nun auch verstärkt in der deutschen Frauenbewegung.

    Schwarzer nimmt im März 1972 an der Bundesfrauenkonferenz in Frankfurt/Main teil.

  • 1973

    Veröffentlichung des Buches "Frauenarbeit - Frauenbefreiung". Darin thematisiert sie Probleme der Gratisarbeit im Haushalt, der Erziehung und der Unterbezahlung von Frauen im Beruf.

  • 1974/75

    Lehrauftrag an der Universität Münster.

    Weitere Aktionen, die Gegner und Gegnerinnen des § 218 mobilisieren.

    Eine "Panorama"-Sendung, bei der Schwarzer Autorin ist, wird abgesetzt. In der Sendung werden Ärzte, die bereit sind, Abtreibungen vorzunehmen, vorgestellt und eine bisher kaum bekannte Abtreibungsmethode gezeigt. Die Absetzung der Sendung wird als Eingriff in die Pressefreiheit bewertet und löst einen Zensurskandal in der ARD aus. Eine Woche später wird der Abtreibungsfilm im Dritten Fernsehprogramm von NDR und Radio Bremen ausgestrahlt.

  • 1975

    Erste Veröffentlichung des "Frauenkalenders", der bis 2000 jährlich erscheint.

    Umzug nach Berlin in eine Frauen-Wohngemeinschaft, die zu einem Anlaufpunkt der Berliner Frauenbewegung wird.

    In einer Sendung des WDR diskutiert Schwarzer mit Esther Vilar (geb. 1935), die in ihrem Buch "Der dressierte Mann" die Unterdrückung des Mannes durch die Frau feststellt. Mit dem spektakulären Fernsehauftritt wird Schwarzer in der Öffentlichkeit bekannt und gilt zunehmend als Repräsentantin der Neuen Frauenbewegung.

    Veröffentlichung von "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen". Das Buch wird in der Öffentlichkeit heftig kritisiert und die Autorin persönlich angegriffen.

    Oktober: Schwarzer startet eine Diskussionsreise durch die Bundesrepublik.

  • 1976

    Gründung der "Alice Schwarzer Verlags-GmbH", später "EMMA Frauenverlags-GmbH" mit Sitz in Köln. Gesellschafterin und Geschäftsführerin ist Alice Schwarzer.

  • 1977

    Mitbegründerin und Herausgeberin der bundesweit erscheinenden autonomen feministischen Zeitschrift "EMMA". Darin bemüht sich Schwarzer nach eigenen Angaben um eine feministische Alternative und um "ein Stück anderen, aufklärerischen Journalismus".

  • 1978

    Das Landgericht Hamburg weist eine von Schwarzer initiierte Klage ab, bei der es um die Frage geht, ob auf den Titelseiten des stern-Magazins Frauen "als bloße Sexobjekte dargestellt" werden.

  • 1983

    Mitbegründerin des "Hamburger Instituts für Sozialforschung".

  • 1984

    Auf Schwarzers Initiative wird in Frankfurt "Das feministische Archiv und Dokumentationszentrum" gegründet, dessen Vorstandsvorsitzende sie seither ist. 1988 zieht das Archiv nach Köln und befindet sich seit 1994 als "FrauenMediaTurm" im Bayenturm, einem mittelalterlichem Wehrturm.

  • seit 1984

    Mitglied des PEN-Club (internationale Schriftstellervereinigung).

  • ab 1987

    In der "EMMA" beginnt eine Anti-Porno-Kampagne, die der Entwürdigung der Frauen durch pornografische Darstellungen entgegenwirken soll.

    Schwarzer ist Gründungsmitglied des Kölner Presse-Clubs.

  • 1992/1993

    Schwarzer moderiert im Fernsehen des Hessischen Rundfunks die Talkshow "Zeil um Zehn".

    Höhepunkt der Anti-Porno-Kampagne ist die Veröffentlichung von Aktfotos des Erotikfotografen Helmut Newton im November-Heft 1993 der "EMMA". Die Bilder werden als "sexistisch", "faschistisch" und "rassistisch" interpretiert.

    Der nicht genehmigte Druck führt zu einer vielbeachteten gerichtlichen Auseinandersetzung.

  • 1993

    Veröffentlichung des Buches "Eine tödliche Liebe", das sich mit dem Tod der Grünen-Politiker Petra Kelly und Gert Bastian beschäftigt und versucht, die These des Doppelselbstmordes zu widerlegen.

  • 1995

    Schwarzer fährt auf einem ihr gewidmeten Wagen im Kölner Rosenmontagszug mit.

  • 1996

    Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande.

  • ab 1998

    Seit 1993 erscheint die "EMMA" nur noch im Zwei-Monats-Rhythmus, was Schwarzers Autorentätigkeit verstärkt: Beinahe jährlich veröffentlicht sie seitdem Biografien und Bücher zu feministischen Themen, u.a. "Der große Unterschied. Gegen die Spaltung von Menschen in Männer und Frauen" (1998) oder "Die Antwort" (2007). Letzteres stellt eine Abrechnung mit dem laut Schwarzer aktuellen "Wellness-Feminismus" dar. Sie nimmt Stellung zu den wichtigsten Thesen ihrer journalistischen Arbeit: Pornografie, Prostitution, Körperbild, Islam, Abtreibung, Muttersein, Karriere und Geschlechterdefinitionen.

    Insgesamt hat sie 24 Bücher als Autorin und 23 als Herausgeberin veröffentlicht (Stand 2022).

  • 2010

    Schwarzer schreibt einen offenen Brief an Familienministerin Kristina Schröder, die sie als "hoffnungslosen Fall" und für ihr Amt "schlicht ungeeignet" bezeichnet. Zuvor hatte Schröder sich gegen zentrale Themen der Frauenbewegung und gegen Thesen Schwarzers im Speziellen geäußert.

    In dem von ihr herausgegebenen Buch "Die große Verschleierung" bezeichnet Schwarzer das Kopftuch als "Flagge der Islamisten" und setzt sich unter anderem für ein Kopftuchverbot für Schülerinnen an deutschen Schulen ein. Sie wird dafür kritisiert, dass sie das Kopftuch verallgemeinernd als Symbol der Unterdrückung anprangert und so Musliminnen vor allem als Opfer darstellt.

  • 2011

    Veröffentlichung der Autobiografie "Lebenslauf".

  • 2012

    18. März: Schwarzer ist Delegierte in der Bundesversammlung (für die CDU NRW), die Joachim Gauck zum neuen Bundespräsidenten wählt.

    Dezember: Schwarzer landet auf Platz 4 der Liste der einflussreichsten deutschen Intellektuellen, die von der Zeitschrift "Cicero" veröffentlich wird.

  • 2013

    Veröffentlichung von Büchern gegen Sexismus im Beruf und gegen Prostitution.

  • 2014

    Februar: Es wird bekannt, dass Schwarzer sich 2013 selbst wegen Steuerhinterziehung angezeigt hat und Steuern im Wert von 200.000 Euro nachgezahlt hat. 2016 entscheidet das Amtsgericht Köln, dass sie zusätzlich noch 100.000 Euro Strafe zahlen muss.

  • 2016

    Herausgeberin und Mitautorin des Buches "Der Schock – Die Silvesternacht in Köln". Darin bezeichnet Schwarzer die Herkunft der Täter als ursächlich für die sexuelle Gewalt gegen Frauen in der Silvesternacht. Ihr wird vorgeworfen, dass ihre Erklärungen zu spekulativ und nicht belegt seien.

  • 2022

    Mitherausgeberin des Buches "Transsexualität. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann?". Darin wird die These vertreten, dass Transsexualität ein "Trend" sei. Unter anderem wird vor dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung gewarnt, das es Menschen in Deutschland erleichtern soll, ihr Geschlecht und ihren Vornamen in offiziellen Dokumenten wie dem Pass zu ändern.

 

(iz, jov, vvg, idy) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 02.12.2022
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Dyck, Imke/Vargas Gonzalez, Veronica/Volkwein, Johanna/Zündorf, Irmgard: Biografie Alice Schwarzer, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/alice-schwarzer.html
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