Joseph A. Ratzinger 1927 - 2022

Benedikt XVI., mit bürgerlichem Namen Joseph Aloisius Ratzinger, ist der 265. Papst (2005-2013) der römisch-katholischen Kirche und erster deutscher Papst seit 482 Jahren. Er gilt als bedeutender Theologe des 20. und 21. Jahrhunderts. Er setzt sich während seiner Amtszeit u.a. für den interreligiösen Dialog mit den anderen Weltreligionen ein. Er vertritt in vielen weiteren Glaubens- und Kirchenfragen eine konservative Haltung. Benedikt XVI. tritt am 28. Februar 2013 überraschend von seinem Amt zurück.

  • 1927

    16. April: Joseph Aloisius Ratzinger wird als drittes Kind des Gendarmeriemeisters Joseph Ratzinger und seiner Frau Maria, einer Köchin, in Marktl am Inn geboren.

  • 1929-1943

    Durch den Beruf des Vaters zieht die Familie mehrfach um. Seit 1937 lebt die tief religiöse Familie in Hufschlag, einem Dorf in der Nähe von Traunstein. 1939 folgt Joseph Ratzinger seinem älteren Bruder in das Erzbischöfliche Studienseminar St. Michael.

  • 1941-1945

    1941 wird Ratzinger im Rahmen seines Jugenddiensts in die Hitlerjugend (HJ) aufgenommen. Mit 16 Jahren ist er mit den Seminaristen seines Jahrgangs Flakhelfer in München, wo er nebenbei das Maximiliansgymnasium besucht. Ein Jahr später wird er zum Reichsarbeitsdienst im österreichischen Burgenland eingezogen. Als die Front näher rückt, kehrt er nach Hause zurück. Kurze Zeit später wird er zum Militärdienst einberufen und der Traunsteiner Infanterie-Kaserne zugeteilt. Kurz vor Kriegsende entschließt sich Ratzinger, unerlaubt nach Hause zu gehen. Als die amerikanische Besatzungsmacht in seinen Heimatort einrückt, gerät er für kurze Zeit in Kriegsgefangenschaft.

  • 1946

    Abitur am Chiemgau-Gymnasium in Traunstein.

  • 1946-1951

    Studium der Theologie und Philosophie an der Philosophisch-theologischen Hochschule Freising und der Universität München.

  • 1951

    Zusammen mit seinem Bruder Georg erhält Ratzinger in Freising die Priesterweihe. Anschließend arbeitet er als Aushilfspriester in München-Moosach.

  • 1951-1952

    Kaplan in München-Bogenhausen.

  • 1952-1954

    Dozent am Priesterseminar in Freising.

  • 1953

     Promotion zum Doktor der Theologie.

  • 1957

    Habilitation an der Universiät München im Fach Fundamentaltheologie mit einer Untersuchung über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura".

  • 1958

    Mit 31 Jahren wird Ratzinger Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-theologischen Hochschule Freising.

  • 1959-1963

    Ratzinger lehrt an der Universität Bonn.

  • 1962-1965

    Er ist enger Vertrauter und Berater des Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Frings und nimmt so Einfluss auf den Verlauf des Zweiten Vatikanischen Konzils.

  • 1963-1969

    Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte in Münster und Tübingen, wo er die Zeit der Studentenrevolte miterlebt.

  • 1969

    Ratzinger erhält eine Professur für Dogmatik und Dogmengeschichte in Regensburg, wo sein Bruder Georg die Leitung der "Regensburger Domspatzen" innehat.

  • 1976

    Ernennung zum Päpstlichen Ehrenprälaten.

    Ratzinger wird Vizepräsident der Universität von Regensburg.

  • 1977

    25. März: Papst Paul VI. beruft ihn zum Erzbischof von München und Freising.

    28. Mai: Ratzinger erhält in München die Bischofsweihe. Sein an den Kirchenvater Augustinus angelehntes Bischofsmotto lautet: "Mitarbeiter der Wahrheit".

    27. Juni: Ratzinger erhält die Kardinalswürde.

  • 1978

    Bei der Wahl von Johannes Paul I. (1912-1978) trifft Ratzinger in Rom auf den polnischen Kardinal Karol Wojtyla. Nach 33 Tagen im Amt stirbt Johannes Paul I. völlig unerwartet. Ratzinger nimmt an der Papstwahl von Johannes Paul II. teil.

  • 1981

    Ratzinger wechselt als Kurienkardinal nach Rom. Johannes Paul II. ernennt ihn zum Präfekten der Glaubenskongregation. In dieser Funktion hat er die Aufgabe, "die Glaubens- und Sittenlehre in der katholischen Kirche zu fördern und schützen." Auch unter Ratzingers Leitung lehnt die Glaubenskongregation weiterhin Priesterehen, die Befreiungstheologie sowie gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und künstliche Empfängnisverhütung ab.

    Ratzinger wird zum engen Vertrauten und Freund von Papst Johannes Paul II.

  • 1986-1992

    Leiter der Päpstlichen Kommission zur Erstellung des "Katechismus der Katholischen Kirche".

  • 1993

    Erhebung zum Kardinalsbischof des Bistums Velletri-Segni durch Papst Johannes Paul II.

  • 1998

    Ernennung zum Subdekan des Kardinalskollegiums.

  • 2000

    13. November: Ehrenmitglied der päpstlichen Akademie der Wissenschaften.

  • 2002

    Ratzinger wird zum Dekan des Kardinalskollegiums gewählt. Gleichzeitig wird er damit Kardinalbischof von Ostia (Rom).

  • 2005

    Februar: Ratzinger stellt das Buch "Erinnerung und Identität" von Johannes Paul II. vor.

    März: Er vertritt den schwer erkrankten Papst bei der Feier zur Osternacht im Petersdom.

    8. April: Er hält die Totenmesse für Papst Johannes Paul II.

    19. April: Die Versammlung der wahlberechtigten Kardinäle (Konklave) wählt Ratzinger zum 265. Papst. Er nimmt den Namen Papst Benedikt XVI. an. Der Name erinnert sowohl an den Begründer des Benediktinerordens, Benedikt von Nursia, als auch an Papst Benedikt XV., der aufgrund seiner Friedensappelle im Ersten Weltkrieg als Friedenspapst bekannt wurde.

    19. August: Auf seiner ersten Auslandsreise, die ihn anlässlich des Weltjugendtages nach Köln führt, besucht Benedikt XVI. als erster Papst eine Synagoge in Deutschland.

  • 2006

    25. Januar: Die erste Enzyklika Papst Benedikts XVI. wird veröffentlicht. Sie trägt den Titel "Deus caritas est" ("Gott ist die Liebe").

  • 2007

    30. November: Veröffentlichung der zweiten Enzyklika mit dem Titel "Spe salvi" ("Auf Hoffnung hin (sind wir) gerettet").

  • 2008

    17. Juli: Papst Benedikt XVI. reist zum Weltjugendtag nach Sydney/Australien. Nach dem Weltjugendtag in Buenos Aires/Argentinien (1987) ist es erst der zweite auf der Südhalbkugel.

  • 2009

    17.-23. März: Auf seiner Afrika-Reise besucht Benedikt XVI. Kamerun und Angola. Kritik erntet er für seine Aussage, dass sich das Aids-Problem in Afrika mit Kondomen nicht lösen lasse, sondern es dadurch sogar noch vergrößert werde. Er hält an den Grundsätzen der katholischen Kirche fest und setzt auf die Treue in der heterosexuellen Ehe und Enthaltsamkeit.

    8.-15. Mai: Auf seiner Nahost-Reise besucht Benedikt XVI. Israel, Jordanien und die Palästinensergebiete. Zu den wichtigsten Stationen seines Besuches zählen die Holocaust-Gedenkstätte "Yad Vashem" und ein palästinensisches Flüchtlingslager. Mit klaren Worten verurteilt er jeglichen Antisemitismus als "inakzeptabel" und ruft zu seiner Bekämpfung auf.

    29. Juni: Papst Benedikt XVI. unterzeichnet seine erste Sozialenzyklika "Caritas in veritate" ("Die Liebe in der Wahrheit").

  • 2010

    16.-19. September: Benedikt XVI. stattet als erster Papst seit der Kirchenspaltung 1534 dem Vereinigten Königreich einen offiziellen Besuch ab. Er möchte die angespannten Beziehungen zwischen der katholischen und der anglikanischen Kirche verbessern. In Edinburgh wird er von der Queen empfangen und unternimmt dann eine viertägige Reise durch Großbritannien, bei der er auch Premierminister David Cameron trifft. Während einer Predigt in der Kathedrale von Westminster thematisiert er die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und trifft sich anschließend mit Opfern. Die Reaktionen auf den Besuch sind positiver als zuvor angenommen. Rund 80.000 Menschen kommen zum öffentlichen Abendgebet mit Papst Benedikt XVI. im Londoner Hyde Park.

  • 2011

    18.-21. August: Papst Benedikt XVI. reist anlässlich des Weltjugendtages nach Madrid.

  • 2012

    26. März: Zu Beginn seiner Kuba-Reise feiert Papst Benedikt XVI. eine Messe mit 200.000 Gläubigen. Er ruft zur Versöhnung auf und fordert den Einsatz jedes einzelnen Kubaners für eine offene Gesellschaft.

  • 2013

    11. Februar: Als erster Papst der Neuzeit kündigt Benedikt XVI. an, dass er sein Pontifikat aufgibt, weil nach eigener Aussage seine Kraft nicht mehr für die Ausübung des Amtes reiche.

    28. Februar: Papst Benedikt XVI. tritt von seinem Amt zurück.

    Mai: Er nimmt seinen Wohnsitz im Kloster Mater Ecclesiae in den vatikanischen Gärten ein.

  • 2022

    Januar: Die Erzdiözese München und Freising gibt ein Gutachten zum sexuellen Missbrauch durch Kleriker und Kirchenbedienstete in der Zeit von 1945 bis 2019 in der Erzdiözese in Auftrag. In dem "Münchner Missbrauchsgutachen" wird auch dem emeritierten Papst Benedikt (damals Kardinal Joseph Ratzinger) Fehlverhalten während seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising (1977 – 1982) vorgeworfen. In zwei Fällen waren von staatlichen Gerichten verurteilte Missbrauchstäter während Ratzingers Amtszeit weiter als Priester in der Seelsorge tätig. Ratzinger soll Versetzungen der Missbrauchstäter gebilligt und Schutzbedürftige damit in Gefahr gebracht haben. Ratzinger nimmt zu den Vorwürfen Stellung und bittet Opfer sexuellen Missbrauchs um Entschuldigung. Er lehnt jedoch eine persönliche Verantwortlichkeit ab und bestreitet u.a. Kenntnis von der Vorgeschichte der Missbrauchstäter gehabt zu haben. Die Stellungnahme wird von Betroffenenvertretern und Medien scharf kritisiert.

  • 2022

    31. Dezember: Benedikt XVI. stirbt im Alter von 95 Jahren in Vatikanstadt.

 

(reh) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 02.01.2023
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Haunhorst, Regina: Biografie Benedikt XVI., in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/benedikt-XVI.html
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