Wirtschaftskrisen, technische Entwicklung und struktureller Wandel verändern den Arbeitsmarkt in den 1970er und 1980er Jahren erheblich. Gleichzeitig drängen immer mehr Frauen und die geburtenstarken Jahrgänge in das Berufsleben. War die Arbeitslosigkeit früher vor allem konjunkturabhängig, so ist sie jetzt zunehmend strukturell bedingt und auch in Phasen der Hochkonjunktur schwerer zu reduzieren. Dies trifft vor allem auf die früheren Schlüsselindustrien wie Kohle, Stahl und Schiffbau zu, deren regionale Hochburgen besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Auch der Einsatz neuer Technologien wie der Mikroelektronik führt zu Rationalisierungsmaßnahmen und Arbeitsplätzeabbau. Trotz Arbeitsförderungsmaßnahmen und erneutem Wirtschaftsaufschwung Mitte der 1980er Jahre liegt die Arbeitslosenquote, die zwischen 1974 und 1985 von 4,2 auf 9,3 Prozent steigt, 1989 noch bei 7,9 Prozent.

Die sozial-liberale Koalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt bemüht sich, durch Sonderprogramme Arbeitsplätze in den betroffenen Branchen und Regionen zu sichern. Zugleich werden zahlreiche Sozialreformen verabschiedet, die dem Schutz und der Unterstützung von Arbeitnehmern und Arbeitslosen dienen. Diese Ausgaben im sozialen Bereich betragen 1975 bereits 335 Milliarden D-Mark und können nur durch eine hohe Staatsverschuldung gedeckt werden. Die seit 1982 regierende Koalition aus CDU/CSU und FDP nimmt spürbare Einsparungen im Sozialetat vor, doch gelingt es ihr trotz konjunktureller Aufwärtsentwicklung nicht, die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu senken. Zwar steigt die Zahl der Erwerbstätigen an, und neue Arbeitsplätze unter anderem in der Investitionsgüterindustrie entstehen, dafür werden in anderen Branchen - wie Bergbau und Konsumgüterindustrie - vermehrt Stellen abgebaut.

Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit setzen die Gewerkschaften vor allem auf eine Arbeitszeitverkürzung. Bereits 1977 drängt die IG-Metall als Interessenvertreterin einer krisengeschüttelten Branche auf die Einführung der 35-Stunden-Woche, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen. 1978/79 kommt es in der Stahlindustrie und 1984 in der Metall- und Druckindustrie aufgrund der Forderung nach Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich zu wochenlangen Arbeitskämpfen, denn die Arbeitgeber fürchten angesichts steigender Lohnkosten um ihre Konkurrenzfähigkeit. Als Kompromiss wird 1985 die Arbeitszeit auf 38,5-Stunden gesenkt. Erst 1990 erreicht die IG-Metall ihr Traumziel: Die 35-Stunden-Woche soll ab 1. Oktober 1995 gelten. Auch die IG Medien kann eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden durchsetzen. Ebenfalls 1990 sinkt erstmals die durchschnittliche bezahlte Arbeitszeit in der Industrie der Bundesrepublik generell auf unter 40 Wochenstunden (Männer 39,9 / Frauen 38,4).

(ahw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 05.05.2003
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Hinz-Wessels, Annette: Arbeitslosigkeit, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/bundesrepublik-im-umbruch/arbeitslosigkeit.html
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