Jurek Becker 1937 - 1997

Jurek Becker ist ein deutsch-polnischer Schriftsteller und Drehbuchautor, der besonders bekannt für den Roman „Jakob der Lügner“ ist. Becker gehört der jüdischen Glaubensgemeinschaft an und überlebt als Kind den Holocaust. Nach dem Krieg lebt er in Ost-Berlin, studiert Philosophie und wird zunächst SED-Mitglied. Später gerät Becker in Konflikt mit dem SED-Regime und kann die DDR 1977 verlassen.

  • 1937

    30. September: Jurek Becker wird in Lódz/Polen in eine jüdische Familie geboren.

    Sein Vater, Mieczyslaw Becker, ist Prokurist in einer Textilfabrik, seine Mutter Anette (Geburtsname: Lewin) Näherin.

    Beckers Geburtsurkunde ging im Krieg verloren. Das Jahr 1937 wird von seinem Vater als Geburtsjahr angegeben. Vermutlich hat er seinen Sohn "älter gemacht", um ihn vor der Deportation aus dem Ghetto zu bewahren.

  • 1939-1945

    Becker wächst im Ghetto in Lódz auf und wird später zusammen mit seiner Mutter in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen inhaftiert. Seine Mutter stirbt kurz nach der Befreiung an Unterernährung, seinen Vater, der nach Auschwitz deportiert worden war, findet er mithilfe einer amerikanischen Suchorganisation wieder.

  • 1945

    Übersiedlung nach Ost-Berlin, wo Becker Deutsch lernt.

  • 1955-1957

    Nach dem Abitur wird Becker Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und 1957 auch der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

    Außerdem dient er zwei Jahre freiwillig bei der Kasernierten Volkspolizei (KVP).

    Hier lernt er Manfred Krug kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbindet.

  • 1957-1960

    Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin.

    1960 wird Becker aus politischen Gründen vom Studium ausgeschlossen.

  • 1960

    Becker beginnt ein Studium an der Filmhochschule Babelsberg.

  • 1961-1977

    Ehe mit der Dekorateurin Erika Hüttig. Aus der Verbindung gehen zwei Söhne hervor.

  • 1962-1977

    Tätigkeit als DEFA-Drehbuchautor und anschließend als freiberuflicher Schriftsteller in Ost-Berlin.

    Becker schreibt unter anderem Texte für das Kabarett "Die Distel" und für die Filme "Wenn ein Marquis schon Pläne macht" (1962), "Gäste im Haus" (1963), "Zu viele Kreuze" (1963/64) und "Immer um den März" (1967).

  • 1969

    Veröffentlichung seines ersten Romans "Jakob der Lügner". Becker erzählt darin die Geschichte von Jakob, der in einem jüdischen Ghetto während des Zweiten Weltkrieges vorgibt, ein Radio zu besitzen. Mit erfundenen Nachrichten über die bevorstehende Befreiung weckt er den Überlebenswillen seiner Leidensgefährten. Der Roman wird weit über die DDR hinaus bekannt.

  • 1971

    Auszeichnung mit dem Charles-Veillon-Preis und dem Heinrich-Mann-Preis.

  • 1972

    Becker wird Mitglied im PEN-Zentrum (Internationale Schriftstellervereinigung) der DDR.

  • 1973

    Verleihung des Bremer Literaturpreises für seinen zweiten Roman "Irreführung der Behörden", der das Leben eines jungen Schriftstellers in der DDR beschreibt.

    Becker wird Mitglied des Vorstandes des Schriftstellerverbandes.

  • 1975

    Verleihung des Nationalpreises der DDR.

  • 1976

    Veröffentlichung des Romans "Der Boxer", der das mühselige Ringen eines ehemaligen Konzentrationslagerinsassen um eine neue Existenz schildert.

    Becker protestiert öffentlich gegen den Ausschluss Reiner Kunzes aus dem Schriftstellerverband der DDR und ist Mitinitiator des Protestbriefes gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann.

    Daraufhin wird er aus der SED und auch aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen.

  • 1977

    Becker verlässt die DDR mit einem Zweijahresvisum, das 1979 auf zehn Jahre verlängert wird.

    Nach einem sechsmonatigen Aufenthalt in den USA, wo er verschiedene Gastprofessuren inne hat, arbeitet Becker zunächst als Gastprofessor an der Gesamthochschule Essen, anschließend siedelt er nach West-Berlin über.

  • 1978

    Veröffentlichung seines Romans "Schlaflose Tage" in einem westdeutschen Verlag. Das Buch wird in der DDR nicht verlegt.

  • 1979 und 1982

    Verfilmung der Bücher "Der Boxer" und "Schlaflose Tage" für das Fernsehen.

  • 1980

    Veröffentlichung des Romans "Nach der ersten Zukunft".

  • 1981

    Gastprofessor an der Universität Augsburg.

  • 1983

    Veröffentlichung des Romans "Aller Welt Freund" in dem Becker seine persönlichen Erfahrungen nach seiner Übersiedlung in den Westen verarbeitet.

    Becker wird Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt.

  • 1986

    Becker schreibt die Drehbücher für die ARD-Erfolgsserie "Liebling Kreuzberg" mit Manfred Krug in der Hauptrolle. Krug, Becker und Heinz Sirk wird der Adolf-Grimme-Preis in Gold verliehen.

    Veröffentlichung des Romans "Bronsteins Kinder", der das Thema Selbstjustiz im Hinblick auf NS- Verbrechen thematisiert.

    Heirat mit der Studentin Christine Harsch-Niemeyer. Aus der Ehe geht ein Sohn hervor.

  • 1989

    Becker hält Poetikvorlesungen an der Universität Frankfurt/Main.

  • 1990

    Der Film "Neuner", eine Ehe-Tragikomödie, nach dem Drehbuch von Becker kommt in die Kinos und wird 1991 mit dem Deutschen Filmpreis "Filmband in Gold" ausgezeichnet.

    Becker wird Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin.

  • 1992

    Veröffentlichung des Romans "Amanda herzlos", der sich mit dem Alltag in der DDR der späten 1980er Jahre beschäftigt.

  • 1994

    Die Fernsehsatire "Wir sind auch nur ein Volk" wird in der ARD gesendet. Der Film zu dem Becker das Drehbuch liefert, thematisiert eine DDR-Familie, die nach dem Umbruch der Einheit nach neuer Orientierung sucht.

  • 1996

    Veröffentlichung des Bandes "Ende des Größenwahns", in dem Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1971 bis 1995 zusammengestellt sind.

  • 1997

    14. März: Jurek Becker stirbt nach einem langen Krebsleiden in seinem Haus in Sieseby/Schleswig Holstein.

 

(iz/wk) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 04.08.2016
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Zündorf, Irmgard/Weck, Martina: Biografie Jurek Becker, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/jurek-becker.html
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