Zeitzeugen > Deutsche Einheit

Daniela Bruer: Grenzöffnung

Dieser Beitrag wurde von Daniela Bruer (*1982) verfasst.

Grenzöffnung 1989

Als die Grenze 1989 geöffnet wurde, wohnte ich gerade in Winnigstedt. Winnigstedt liegt etwa 10 km von der ehemaligen deutschen Grenze weg. Ich war sieben Jahre alt, und es schien mir ganz normal, dass ich mit meinen Eltern einen Spaziergang machte. Dass wir allerdings an die Grenze wollten, wusste ich nicht. Es erschien mir nur etwas merkwürdig, da sich so viele Menschen dort versammelt hatten. Als es dann langsam dunkel wurde, zündete man ein großes Lagerfeuer an. Aus der Ferne waren Hupgeräusche zu hören, und immer wieder flammte ein helles Licht auf, dass ich nicht kannte und deshalb meine Mutter fragte. Meine Mutter erklärte mir, dass dort hinten, wo das Licht herkam, Menschen mit ihren Autos stehen würden und genauso darauf warteten, dass die Grenze geöffnet wurde, wie die Menschen auf dieser Seite des Zaunes. Warum das so war, konnte ich damals nicht so recht verstehen, da ich doch noch ziemlich jung war. Als es dann langsam spät wurde, brachte meine Mutter mich zu meiner Oma, wo ich schlafen sollte. Sowohl meine Eltern, wie auch mein Onkel fuhren dann wieder an die Grenze. In dieser Nacht wurde die Grenze allerdings nicht geöffnet, aber der nächste Tag brachte dann die Wende und Deutschland wurde wieder vereint.

Erzählungen meines Onkels

Als die Grenze geöffnet wurde, war ich nicht dabei, allerdings weiß ich aus Erzählungen meines Onkels, wie es war. Als der Zaun geöffnet wurde, war die Freude der Menschen riesengroß, und es wurde gejubelt. Menschen aus Ost und West, die sich gar nicht kannten, fielen sich in die Arme und schlossen Freundschaft. Zwei Tage danach fuhr auch ich mit meinen Eltern an die geöffnete Grenze, und wie die Tage davor war es immer noch ein fröhliches Miteinander: Jeder winkte den heranfahrenden Autos, und die Menschen in den Autos winkten zurück. Es war eigentlich kein schlechtes Gefühl. Auch wir lernten eine Familie kennen, die aus der ehemaligen DDR kam und freundeten uns mit ihnen an. Für mich war das alles ziemlich komisch, denn neuerdings war in Winnigstedt richtig Verkehr, denn jeder, der nach Schöppenstedt einkaufen wollte, musste über Winnigstedt fahren. Irgendwie waren es mir damals zu viele Autos, deren Auspuffgase fürchterlich stanken. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich daran gewöhnt hatte, aber es ging. Die Familie, die wir kennengelernt hatten, kam dann auch öfters zu Besuch und auch wir besuchten sie ein bis zwei Mal in Dersheim. Es war eigentlich immer ein schönes Treffen. Die beiden Söhne waren nicht sehr viel älter als ich, und ich freute mich über die neuen Spielkameraden. Der Kontakt ist dann allerdings abgebrochen, was mir auch sehr leid getan hat.

Empfohlene Zitierweise:
Bruer, Daniela, Grenzöffnung, in: LeMO-Zeitzeugen, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/zeitzeugen/daniela-bruer-grenzoeffnung.html
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