Zeitzeugen > Nachkriegsjahre

Irma Weinknecht: Schwarzmarkt 1946

Dieser Beitrag wurde von Irma Weinknecht (*1923) im Jahr 2007 in Göttingen verfasst.

In der Eisenbahn kurz vor Eichenberg, dem Grenzort zwischen englischer und amerikanischer Zone.

Kommt man aus der amerikanischen, so wird allgemeine Koffer- und Ausweiskontrolle durchgeführt. Meine Freundin Lieselotte hört im Nachbarabteil eine lebhafte Debatte: Eine alte Dame hat 2 Pfd. Kaffee bei sich und überlegt nun, wo sie ein Versteck finden könne, bis die Kontrolle vorbei sei.

Bis ein Herr ihr rät: "Stecken Sie ihn sich doch unter den Hut!". So steigt die alte Dame also aus. Da kommt die Kontrolle und riecht schnell den Kaffee. Schon wird eine allgemeine Untersuchung befohlen, als der gleiche Herr dem amerikanischen Soldaten mitteilte, dass der Kaffee unter dem Hut der alten Dame stecke. Das hatte als Folge, dass sie Strafe zahlen musste, danach aber wieder einsteigen konnte, der Kaffee wurde ihr allerdings abgenommen.

Nun ergießt sich die allgemeine Wut über den Herrn. Als sie sich gar nicht wieder legen wollte, gibt er endlich eine Erklärung für sein Verhalten. Er entschuldigte sich zunächst und teilte den staunenden Mitreisenden mit, dass er selber 10 Pfd. Kaffee bei sich hatte und eine Kontrolle um jeden Preis verhindern musste. Als Entschuldigung verehrte er ihr 3 Pfd. Kaffee.

Allgemeine Heiterkeit, selbst bei der alten Dame.

Eichenberg im November 1946

Empfohlene Zitierweise:
Weinkneckt, Irma: Schwarzmarkt 1946, in: LeMO-Zeitzeugen, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/zeitzeugen/irma-weinknecht-schwarzmarkt-1946.html
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