Dieser Beitrag wurde von Janne Hüppe (*1986) verfasst.
Als die Mauer zwischen der ehemaligen DDR und der BRD 1989 fiel, waren meine Eltern und ich gerade in Indien. Mein Vater arbeitete dort. Ich war damals 3 Jahre alt und kann mich heute überhaupt nicht mehr erinnern, also fragte ich meine Eltern, und sie erzählten mir:
Mauerfall aus indischer Perspektive
»INDIEN, 8 Flugstunden von Deutschland entfernt. Hierhin hatte es uns, eine deutsche Kleinfamilie, in den Jahren 1988 bis 1991 verschlagen. Politische Veränderungen fanden statt, ein real existierender Staat verschwand, und wir bekamen kaum etwas davon mit. Natürlich hatten wir eine deutsche überregionale Tageszeitung abonniert, und ab und an berichteten Besucher und Geschäftsleute über Deutschland und die dortige Entwicklung. Aber so recht konnten wir es nicht begreifen, lebten wir doch in einem anderen Kulturkreis und hatten andere Probleme: Der Monsun überschwemmte sämtliche Straßen, so dass das tägliche Leben nicht wie sonst stattfinden konnte u.ä.
Zeitungen kamen erst nach Tagen an
Die Zeitungen, ein paar Tage alt, bis sie uns erreichten, waren dementsprechend nicht mehr sehr aktuell. Trotzdem haben wir alles mit sehr großem Interesse verfolgt. Aber durch die weite Entfernung waren wir doch nicht direkt berührt. Vielleicht lag das daran, dass wir keine Angehörigen in der damaligen DDR hatten, um die wir uns hätten sorgen können. Heimatgefühle kehrten wieder, als die deutsche Botschaft anläßlich der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten ein großes Fest ausrichtete. Das Brandenburger Tor war nachgebaut worden (ca. 5m hoch), die Nationalhymnen der 2 deutschen Staaten, sowie die indische wurden live gespielt, der indische Vizepräsident war anwesend, Reden wurden gehalten, und alles, was Rang und Namen hatte, ließ es sich nicht nehmen, zu erscheinen. Es war eine ausgelassene fröhliche Feier. Inder und Deutsche feierten gemeinsam die deutsche Wiedervereinigung.
Nach der Rückkehr nach Deutschland
Als wir Monate später nach Deutschland zurückkehrten, trafen uns die Veränderungen doch sehr hart. Es gab keinen Wohnraum, keine Gebrauchtwagen zu normalen Preisen, und in allen Kaufhäusern waren die Wasserhähne ausverkauft und das im gesamtem Grenzgebiet. Im Ausland haben wir seitdem nicht mehr gelebt oder gearbeitet, denn das Arbeitsleben hat sich überwiegend nach Osten verlagert.«
Dies alles erzählten mir meine Eltern. Ich finde es gut, dass sich unsere beiden deutschen Staaten wieder vereinigt haben, nur schade ist es, dass ich damals noch so klein war und die Vereinigung nicht richtig mitbekommen habe.
Empfohlene Zitierweise:
Hüppe, Janne: Die deutsche Wiedervereinigung - Eindrücke aus Indien, in: LeMO-Zeitzeugen, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/zeitzeugen/janne-hueppe-die-deutsche-wiedervereinigung-eindruecke-aus-indien.html
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