Dieser Eintrag wurde von Reinhard Blum (*1931) verfasst.
Beleuchtung für die Dorfstraße
Der Gemeinderat beschloss ca. 1947 auf einer Sitzung, dass eine Beleuchtung für die Dorfstraße angebracht werden muß. Im Gemeinderat war auch mein Lehrmeister. Der Bürgermeister und sein Sekretär wurden aufgefordert, für die Beschaffung der Gelder zu sorgen. Es war eine kleine Gemeinde und für diese Sache, so wichtig sie auch sei, fehlte das Geld. "Was nun", fragte man sich, "wo bekommen wir das Geld her, um einen Elektriker zu bezahlen?" Mein Lehrmeister trat wieder mal in Aktion. Für solche und ähnliche Fälle ist der Dorfschmied das Mädchen für alles. Mein Meister fragte mich, ob ich es mir zutrauen würde, auf den Strommast zu steigen und dort Lampen anzubringen. Ich bejahte es. Es müsse aber nach Feierabend und am Sonnabendnachmittag gemacht werden. Wir hatten in der Schmiede genug zu tun und für diese zusätzliche Arbeit keine Zeit mehr übrig.
Aufgabe mit Beigeschmack der Angst
Das Material für die Straßenlampen war vorhanden, nur die Steigeisen und den Sicherheitsgürtel mußten wir uns von einem Elektriker ausleihen. Es wurde eine Mitteilung in den Nachrichtenkasten gehängt, so dass jeder Dorfbewohner vom Abschalten des Stromes Bescheid wußte. Nun ging es an diese Aufgabe mit einem großen Beigeschmack der Angst, denn es sieht alles leichter aus, wenn man unten am Mast steht. Die Steigeisen angeschnallt, den Gürtel um den Bauch, die Sicherheitsleine um den Mast gelegt und am Gürtel befestigt. Jetzt begann ein Probeaufstieg. Ich mußte ja erst mal das Gefühl für diese Steigeisen und ihre Handhabung erkunden. Es ging alles viel einfacher und besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Unsicherheit in mir verging, und ich hatte keine Angst mehr. Nun konnte ich mit der Arbeit beginnen. Lampe für Lampe habe ich mit Sorgfalt an dem Mast befestigt. Es gab ein paar Miesmacher, die nicht verstanden, dass der Strom für die Zeit der Arbeiten abgestellt werden mußte, es dauerte ja alles länger, aber mich hat diese Meinung nicht gestört oder davon abgehalten, diese Lichtquellen anzubringen. Diese Beleuchtung hat etwa zwanzig Jahre gehalten.
Durch Befestigung und Geradelegen der Straßen wurden auch die Strommasten entfernt. Die Laternen hätten wohl noch heute geleuchtet. Ihr mildes Licht in der Dunkelheit war eine Sicherheitsquelle für die Bewohner geworden. Ich bekam viel Lob, denn sie überstanden manchen schweren Sturm.
Empfohlene Zitierweise:
Blum, Reinhard: Verantwortung 1947, in: LeMO-Zeitzeugen, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/zeitzeugen/reinhard-blum-verantwortung.html
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