Auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 erklärt der Parteivorsitzende Nikita Chruschtschow die Zeit des Stalinismus für beendet. In einer Geheimrede kritisiert er Parteisäuberungen, Terror und Unterdrückung unter Stalin und verdammt den Personenkult. Die Entstalinisierung hat auch auf die anderen kommunistischen Länder Auswirkungen, da auch hier die stalinistischen Herrschaftsmethoden in Frage gestellt sind. In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) verhindert Walter Ulbricht eine weitgehende Entstalinisierung.
Verunsicherung
Nach Chruschtschows Rede herrscht innerhalb der SED-Führung Verunsicherung, da die Partei stark an der Person Stalins ausgerichtet ist. Zugleich kommt es aber auch zu Diskussionen: Besonders einer der Sekretäre des SED-Zentralkomitees, Karl Schirdewan, kritisiert den Personenkult um Walter Ulbricht und dessen fehlenden Willen, Fehler zu diskutieren. Intellektuelle, einige SED-Funktionäre und Studenten wollen Reformen hin zu einem "menschlichen Sozialismus".
Ausbleibende Reformen
Zu einer Entstalinisierung kommt es jedoch nicht. Zwar erklärt Ulbricht im Gegensatz zu früheren Behauptungen, dass Stalin "kein Klassiker" des Marxismus sei und ein Personenkult nicht bestanden habe. Auch werden etwa 21.000 politische Gefangene freigelassen. Aber mit Blick auf den 17. Juni 1953 und die Ereignisse in Polen und Ungarn setzt die SED-Führung statt auf Reformen auf Einschüchterung und Unterdrückung. Ende Oktober/Anfang November 1956 lässt sie in Ost-Berlin bewaffnete Verbände aufmarschieren, um Studenten einzuschüchtern. "Reformer" innerhalb der SED, wie die Gruppe um Walter Janka und Wolfgang Harich, werden 1957 in Schauprozessen verurteilt.
(mw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 29.02.2016
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Würz, Markus: Verhinderte Entstalinisierung, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-gruenderjahre/weg-nach-osten/verhinderte-entstalinisierung.html
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