Ehemaliges SED-Politbüro auf der Anklagebank: Erich Honecker und andere Mitglieder müssen sich wegen des Schießbefehls an der Mauer vor dem Berliner Landgericht in einem Prozess verantworten.
Wegen eines Haftbefehls in der Bundesrepublik Deutschland wird Erich Honecker unter Protest am 29.07.1992 von russischen Soldaten aus der chilenischen Botschaft geholt, in die er zuvor geflohen ist, und ausgeliefert. Er wird wegen des Schießbefehls an der innerdeutschen Grenze angeklagt. Zu dieser Zeit leidet er schon an Leberkrebs, was das Interesse der nun gesamtdeutschen Justiz an einer Haftbarmachung Honeckers trotz seines fortgeschrittenen Alters und seines schlechten Gesundheitszustandes unterstreicht. Angeklagt wird Honecker wegen Totschlags und versuchten Totschlags (mittelbare Täterschaft) in insgesamt 68 Fällen, von denen 12 Fälle Gegenstand der Hauptverhandlung werden; die übrigen 56 Fälle werden abgetrennt und zurückgestellt. Mitangeklagt sind Erich Mielke, Willi Stoph, Heinz Keßler, Fritz Streletz und Hans Albrecht. Die Hauptverhandlung findet ab dem 12.11.1992 vor der 27. Strafkammer des Landgerichts Berlin statt. Honeckers Verteidiger ist der bekannte Ostberliner Anwalt Friedrich Wolff. Nach zwei abgelehnten Beschwerden bei niederen Instanzen ist eine Verfassungsbeschwerde Honeckers beim Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin am 12.01.1993 erfolgreich, woraufhin das Verfahren gegen ihn noch am selben Tag vom Landgericht Berlin gemäß § 206a StPO eingestellt und der Haftbefehl aufgehoben wird. Grund für die Anträge auf Einstellung des Verfahrens ist Erich Honeckers schlechter Gesundheitszustand. Nachdem am 13.01.1993 auch ein zweiter Haftbefehl in Bezug auf die Veruntreuung von Staatsgeldern aufgehoben wird, wird Honecker aus der Haft entlassen.
- Ort und Zeit:
- Berlin, 16.11.1992
- Objektart:
- Kunst
- Bildnachweis:
- Stiftung Haus der Geschichte; EB-Nr. 1996/05/0171
- Urheber:
- Dittmann, Erich