Wolf Biermann geb. 1936

Wolf Biermann ist ein deutscher Liedermacher und Schriftsteller. Die Ausbürgerung des systemkritischen Künstlers 1976 aus der DDR zieht den öffentlichen Protest zahlreicher Intellektueller in Ost- und West-Deutschland nach sich. In der Bundesrepublik engagiert sich Biermann in der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung, kritisiert weiterhin die DDR und kämpft nach der Wiedervereinigung für die Aufarbeitung des SED-Unrechts. Er wird mit zahlreichen Preisen geehrt.

  • 1936

    15. November: Wolf Biermann wird in Hamburg als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren.

  • 1943

    Biermanns Vater wird in Auschwitz als Jude und Angehöriger des kommunistischen Widerstandes ermordet.

  • 1950

    Vertreter der Bundesrepublik Deutschland als Junger Pionier beim "Deutschlandtreffen der Jugend" in Ost-Berlin.

  • 1953

    Übersiedlung in die DDR.

  • 1955-1957

    Studium der politischen Ökonomie an der Humboldt-Universität Berlin.

  • 1957-1959

    Nach dem Abbruch seines Studiums wird Biermann Regieassistent am Berliner Ensemble.

  • 1959-1963

    Studium der Philosophie und Mathematik an der Humboldt-Universität.

  • 1960

    Bekanntschaft mit Hanns Eisler, der ihn unterstützt und fördert. Biermann beginnt, Gedichte zu schreiben und Lieder zu komponieren.

  • 1961-1963

    Gründung und Aufbau des Berliner Arbeiter- und Studententheaters (b.a.t.). Biermanns Inszenierung des Stückes "Berliner Brautgang" über den Mauerbau wird nicht zur Aufführung freigegeben. Das Theater wird 1963 wieder geschlossen.

  • 1962

    Druck der ersten Gedichte in der Anthologie "Liebesgedichte". Erster öffentlicher Auftritt bei einem Lyrikabend in der Deutschen Akademie der Künste.

  • 1963

    Nach einer zweijährigen Kandidatenzeit wird die Aufnahme Biermanns in die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) abgelehnt.

    Beginn der Freundschaft mit Robert Havemann.

  • 1964

    Gastspiel in dem Ost-Berliner Kabarett "Die Distel".

    Danach beginnt seine erste Gastspielreise durch die Bundesrepublik Deutschland, zu der er vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) eingeladen wird.

  • 1965

    Nachdem in der Bundesrepublik Deutschland sein Gedichtband "Die Drahtharfe" und seine erste Langspielplatte "Wolf Biermann (Ost) zu Gast bei Wolfgang Neuss (West)" erscheint, erhält Biermann Auftritts- und Publikationsverbot durch die DDR-Behörden. Man wirft ihm "Klassenverrat" und "Obszönität" vor.

  • 1968

    In der Bundesrepublik Deutschland wird sein Buch "Mit Marx - und Engelszungen" veröffentlicht.

  • 1969

    In der Bundesrepublik Deutschland erscheint die Langspielplatte "Chausseestraße 131". Das dafür verliehene Preisgeld des Fontane-Preises der Stadt West-Berlin spendet Biermann dem Anwalt der Außerparlamentarischen Opposition (APO), Horst Mahler.

  • 1975

    Heirat mit der Ärztin Christine Barg. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor.

  • 1976

    September: Nach elf Jahren Berufsverbot erster Auftritt in der DDR in der Prenzlauer Nikolaikirche.

    13. November: Mit einem Konzert in Köln beginnt eine Tournee durch die Bundesrepublik.

    16. November: Das Politbüro des Zentralkomitees der SED beschließt die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR. Begründet wird die Entscheidung damit, dass sich sein Programm in der Bundesrepublik gegen die DDR und den Sozialismus richte.

    17. November: In einer Petition protestieren zwölf führende Intellektuelle der DDR gegen die Ausbürgerung.

  • ab 1977

    Biermann unternimmt erste Tourneen durch westeuropäische Länder. In seinen Liedern rechnet er mit der DDR ab, bekundet aber immer wieder seine sozialistische Einstellung.

  • 1980

    Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises für Chanson.

  • 1982

    April: Biermann erhält eine einmalige Einreiseerlaubnis in die DDR und besucht seinen todkranken Freund Robert Havemann in Ost-Berlin.

  • 1983

    Gastdozent an der Ohio State University/USA.

  • 1989

    Dezember: Biermann hält nach 25 Jahren sein erstes Konzert in der DDR in Leipzig ab. Er wird "als Mensch gewordener Mythos", als "Legende" bezeichnet und als solcher vor allem von älteren Menschen in der DDR begeistert empfangen.

    Heirat mit Pamela Rüsche. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor.

    Insgesamt hat Biermann zehn Kinder.

  • ab 1990

    Mit Aufsätzen und Reden mischt sich Biermann in die Tagespolitik ein und beteiligt sich u.a. an der Besetzung der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).

  • 1991

    In seiner Dankesrede für die Verleihung des Georg-Büchner-Preises attackiert Biermann die Oppositionsgruppen der DDR: Sie seien "von Stasi-Metastasen zerfressen".

  • 1993-1995

    Gastprofessor an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität.

  • 1994

    Biermann greift öffentlich den PDS-Politiker Gregor Gysi und den Schriftsteller Stefan Heym an, den er als "aufsässigen Feigling" bezeichnet.

    Übersetzung des "Großen Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk" ins Deutsche, ein Epos des in Auschwitz ermordeten jiddischen Dichters Jitzchak Katzenelson.

    Wachsendes Interesse an seinen jüdischen Wurzeln und dem zeitgenössischen jüdischen Leben. Biermann reist regelmäßig nach Israel und tritt dort auf. Er veröffentlicht aus dem Hebräischen übertragene Lieder.

  • 1996

    Veröffentlichung der CD "Süßes Leben - saures Leben" mit siebzehn neuen Liedern.

    Juni: Biermann ist Mitbegründer des Vereins "Bürgerbüro e.V.". Der Verein hilft Menschen, die durch Willkürakte der DDR geschädigt wurden.

  • 1998

    Verleihung des Nationalpreises der Deutschen Nationalstiftung.

    Biermann richtet sich in einem Gedicht gegen das in Berlin geplante "Mahnmal für die ermordeten Juden Europas".

  • 1999

    Erscheinen der CD: "Paradies uff Erden. Ein Berliner Bilderbogen".

    Veröffentlichung der Doppel-CD: "Brecht - Deine Nachgeborenen".

  • 2000

    Biermann wird Chef-Kulturkorrespondent der Zeitung "Die Welt".

  • 2001

    Nach den Anschlägen auf das World Trade Center und während des Irak-Krieges betont er das Recht Amerikas und der Welt, mit Gewalt gegen Terroristen vorzugehen und dafür auch Menschenrechte einzuschränken. Er verurteilt den "Hurra-Pazifismus" der deutschen Friedensbewegung.

  • 2005

    Veröffentlichung von "Das ist die feinste Liebeskunst" - Übertragungen von 40 Sonetten Shakespeares ins Deutsche.

  • 2006

    Biermann wechselt nach mehr als dreißig Jahren von seinem Verlag Kiepenheuer und Witsch zum Hoffmann und Campe-Verlag.

    15. November: An seinem 70. Geburtstag erhält Biermann von Bundespräsident Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz.

  • 2007

    6. Februar: Biermann erhält die Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin. Der Ernennung waren wochenlange öffentliche Debatten vorausgegangen.

 

(nc) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 07.03.2016
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Chmura, Nadine: Biografie Wolf Biermann, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/wolf-biermann.html
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