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Else Erdmann: Verwandtenbesuch in der DDR

Dieser Eintrag stammt von Else Erdmann aus Hamburg.

Privater Brief der Hamburgerin Else Erdmann über ihren Besuch in Berlin und Potsdam

Hamburg, den 29.1.1974

Liebe Alice, liebe Hilde, liebe Hertha!

Nun bin ich dabei, meine in Berlin liegengebliebene Post zu erledigen, denn seit einer Woche bin ich wieder in Hamburg.

Am 12.1. waren wir dann alle noch in Potsdam, d.h. Trude, mein Schwager, Axel und seine Frau Irene, die inzwischen von Norwegen zurückgekommen waren, und ich. Nun ist es nur immer umständlich, wenn wir nach Potsdam fahren, es sind drei West-Berliner, eine West-Deutsche, also ich, und die Irene ist noch Norwegerin. Die Berliner könnten mit dem Auto, da mein Schwager schwerbeschädigt ist, bekommt er ja die Erlaubnis, mit seinem Auto zu fahren, über Drewitz fahren und wären in knapp einer Stunde in Potsdam. Ich muss aber Friedrichstraße rüber, sodass die Berliner über Invalidenstraße fahren. Irene als Norwegerin muss Kochstraße rüber und dann noch zum Alex, um sich die Erlaubnis für die DDR zu holen.

Wir haben uns dann auch am Bahnhof Friedrichstraße getroffen, wenn auch mit Verspätung, aber als wir die Irene am Alex abholen wollten, stand sie ganz verlegen da, sie hatte keine Erlaubnis für Potsdam bekommen. Sie muss dort mindestens 2 Tage bleiben und nicht etwa bei Verwandten wohnen, sondern im Hotel und die Buchung für das Hotel muss sie gleich am Alex vornehmen. Sie ist aber trotzdem mit uns mitgekommen und uns allen war nicht sehr wohl dabei. Dann sind wir über Schönefeld nach Potsdam gefahren, wo wir uns mit unserer Cousine Ruth am Interhotel (das ist an der langen Brücke gleich am Eingang nach Potsdam) verabredet hatten. Es war inzwischen 10 Minuten vor 12 geworden und da ich mich bei der Polizei, da es am Sonnabend war, bis 12 Uhr anmelden musste, haben wir es mit Ach und Krach geschafft, also an- und abmelden bei der Polizei auch für einen Tag.

Wir anderen konnten über Drewitz natürlich nicht mit, und der Enkel meines Vetters brachte uns mit seinem Auto bis Schönefeld und von dort konnten wir dann mit der S-Bahn bis Friedrichstraße fahren (Fahrtzeit 40 Minuten, sodass wir dann am Bahnhof Friedrichstraße erst um 1/2 12 Uhr waren. Bis 12 Uhr nachts mussten wir ja raus. Axel und ich brachten Irene noch ein Stück die Friedrichstraße runter, denn sie musste ja wieder über Kochstraße raus, wir gingen zurück zur Friedrichstraße. Ich musste rechts durch die Kontrolle und der Axel als West-Berliner links. Auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße trafen wir uns dann beide, fuhren gemeinsam bis U-Bahnhofs Kochstraße und da stand dann auch die Irene. Wir waren froh, dass wir uns wiedergefunden hatten.

Kurz vor 1 Uhr waren wir dann in der Wohnung. Dann haben wir Drei uns erst noch einen Schnaps genehmigt, weil wir uns der ganzen Aufregung wegen erst einmal beruhigen mussten.

Wir können ja alle zufrieden sein, dass wir "raus" sind.

Eure Else

Empfohlene Zitierweise:
Erdmann, Else: Verwandtenbesuch in der DDR, in: LeMO-Zeitzeugen, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/zeitzeugen/else-erdmann-verwandtenbesuch-in-der-ddr.html
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