Friedrich Nowottny ist deutscher Journalist, Fernsehmoderator und Intendant des Westdeutschen Rundfunks (1985-1995). Zwölf Jahre lang moderiert er den "Bericht aus Bonn" und ist damit aufgrund seiner schonungslosen Analysen und ironischen Art sehr erfolgreich. Nowottny ist Experte für wirtschafts- und sozialpolitische Themen, die er allgemein verständlich aufbereitet und kommentiert. Er hat die Wahlkämpfe aller Bundeskanzler von Adenauer bis Kohl als Journalist beobachtet, und kommentiert bis heute das politische Geschehen und den Wandel der Informations- und Medienlandschaft.
- 1929
16. Mai: Friedrich Nowottny wird als Sohn eines Schmiedemeisters im oberschlesischen Hindenburg (heute: Zabrze, Polen) geboren. Er besucht die Volksschule in Hindenburg und die Mittelschule in Tybnik.
- 1945
April: Nowottnys Vater stirbt beim Kriegseinsatz einer Volkssturmeinheit, der auch Nowottny angehört. Er selbst flüchtet durch die Tschechoslowakei nach Bayern. Dort greift ihn die Feldpolizei auf und bringt ihn nach Braunau am Inn in Oberösterreich. Dort wird er einer weiteren Volkssturmeinheit zugeteilt.
- 1946-1948
Nach dem Krieg arbeitet er dank seiner Englischkenntnisse als Dolmetscher für die amerikanische Besatzungsmacht, zuerst für den Stadtkommandanten von Braunau am Inn. Nachdem er seine Mutter und Schwester wiedergetroffen hat, gehen sie gemeinsam nach Bielefeld. Dort arbeitet Nowottny zwei Jahre lang als Übersetzer für die britische Besatzungsmacht, anschließend als Fremdsprachendolmetscher bei der Post. Nebenher verdient er Geld als Schlagzeuger in einer Bar.
- 1948-1950
Nachdem er eine Absage auf die Bewerbung um ein Volontariat bei der westfälischen Tageszeitung "Freie Presse" in Bielefeld erhält, fängt er dort als freier Mitarbeiter an. Parallel ist er tätig für die Eisenbahn-Versicherungskasse. Als Praktikant gründet er dort die Werkszeitung "Mein Betrieb", steigt auf in die Werbe- und Rechtsabteilung und wird schließlich Assistent des Vorstandsvorsitzenden. Sein Chef drängt ihn zur Entscheidung: Er solle sich auf den Journalismus konzentrieren oder die Versicherungsakademie besuchen und Versicherungswirtschaft lernen. Nowottny entscheidet sich für die journalistische Laufbahn.
- 1953
Nowottny wird Volontär bei der "Freien Presse" in Bielefeld.
- 1955
Redakteur der "Freien Presse". Kurz darauf wird Nowottny aufgrund seiner Berufserfahrung in der Versicherungswirtschaft neuer Ressortchef für Wirtschafts- und Sozialpolitik. Seine Wirtschaftsseiten sorgen überregional für Aufsehen, weil er komplizierte wirtschaftliche Sachverhalte allgemeinverständlich erklärt.
- 1956
Nowottny heiratet seine Ehefrau Gisela. Die beiden haben zwei Töchter.
- 1957
Bundeskanzler Konrad Adenauers Wahlkampftour in Ostwestfalen begleitet Nowottny als Journalist. Er berichtet von den Auftritten und Reden. Bis zu seiner Pensionierung ist Nowottny bei allen Wahlkämpfe der deutschen Bundeskanzler als Journalist dabei: Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt und Kohl.
- 1957-1959
Neben seiner Redakteurstätigkeit bei der Zeitung arbeitet Nowottny auch als freier Mitarbeiter für Rundfunk und Fernsehen, unter anderem für den Saarländischen Rundfunk.
- 1962
Nowottny wird Hauptabteilungsleiter für Wirtschafts- und Sozialpolitik für Rundfunk und Fernsehen des Saarländischen Rundfunks in Saarbrücken. Als Moderator der selbst entwickelten Fernsehreihe "Der Markt - Wirtschaft für Jedermann" wird er sehr bekannt. Die Sendung ist so erfolgreich, dass sie in der ARD ausgestrahlt wird. Mit dem Börsenteil in der Sendung ist Nowottny der erste, der im deutschen Fernsehen eine Börsensendung macht.
- 1964
Nowottny liefert Beiträge für den neuen, täglichen kritischen Kommentar der ARD.
- 1965
Nowottny wird stellvertretender Chefredakteur des Saarländischen Rundfunks.
- 1967
Wechsel nach Bonn: Nowottny wird stellvertretender Leiter des WDR-Fernsehstudios. Im "Bericht aus Bonn" erklärt er jeden Freitagabend aktuelle Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik auf verständliche Art und Weise. Er führt viele Interviews für die Reihe, u.a. mehrere mit dem Wirtschaftsminister Karl Schiller.
- 1973
Die ARD beruft Nowottny zum ARD-Chefkorrespondenten und Leiter des WDR-Fernsehstudios Bonn.
- 1974
Nowottny erhält im Frühjahr 1974 das erste Mal die "Goldenen Kamera" der Fernsehzeitschrift HÖRZU in der Kategorie "Politischer Journalist und Kommentator" für seine Leistungen im Jahr 1973.
- 1976
Nowottny bekommt den Goldenen Fernseh-Bambi für seine Moderationsarbeit.
- 1980
Gewinner des "Goldenen Gongs" der Fernsehzeitschrift Gong für seine Leistung bei der Moderation der Abendsendung zur Bundestagswahl 1980. Der Preis ist im Vorjahr eingeführt worden.
- 1982
Auszeichnung mit dem Jakob-Kaiser-Preis des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen.
- 1983
Das Angebot, WDR-Fernseh-Chefredakteur in Köln zu werden, lehnt Nowottny ab.
Erneute Auszeichnung mit der "Goldenen Kamera" der Fernsehzeitschrift HÖRZU als "Bester Politik-Moderator". Außerdem erhält er die "Goldene Europa" des Saarländischen Rundfunks, den ältesten deutschen Fernsehpreis.
- 1984
Der Aachener Karnevalsverein schlägt Nowottny zum Ritter und verleiht ihm den "Orden wider den tierischen Ernst", weil er im Fernsehen zeige, dass auch "hohe Tiere nur Menschen sind".
- 1985
Die CDU schlägt Nowottny überraschend als Kandidat für die Wahl des WDR-Intendanten vor. Nowottny nimmt die Wahl des Verwaltungsrats erst an, als eine geplante WDR-Rundfunk-Gesetzesänderung zurückgenommen wird, die ihn nach eigener Aussage in seiner Handlungsfreiheit zu stark eingeschränkt hätte.
7. Juni: Nowottnys 1000. und gleichzeitig letzter "Bericht aus Bonn" wird ausgestrahlt.
14. Juni: Nowottny tritt das Amt des WDR-Intendanten an.
Außerdem wird Nowottny in den Aufsichtsrat der "Bavaria-Atelier Gesellschaft" gewählt.
Er wird erneut mit dem "Goldenen Gong"" ausgezeichnet.
- 1986
Nowottny wird im Laufe des Jahres mehrfach ausgezeichnet. Er bekommt das Große Bundesverdienstkreuz verliehen sowie den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Außerdem erhält er die Goldene Steuerschraube, den Prix Medial der Redaktion prisma und das "Goldene Schlitzohr".
- 1989
September: Ohne Gegenkandidat wird Nowottny für weitere sechs Jahre als WDR-Intendant wiedergewählt.
- 1991-1992
Zwei Jahre lang ist Nowottny auch ARD-Vorsitzender. In dieser Zeit treibt er die Fusion der Rundfunkanstalten in den neuen Bundesländern mit der ARD voran.
- 1994
Der WDR überarbeitet das Erscheinungsbild seiner Radio- und TV-Programme, um moderner und weniger unterkühlt zu wirken. Nowottny wird in einer Plakataktion dazu als Werbeträger für den Sender eingesetzt. Er trägt viel zur Modernisierung des WDR bei: Auf sein und Fritz Pleitgens Bestreben wird im Folgejahr die WDR-Jugendwelle 1Live gestartet.
Als erster deutscher Fernsehsender sendet der WDR bereits ab Januar täglich 24 Stunden lang Programm.
- 1995
Januar: Ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit kündigt Notwottny seinen vorzeitigen Rücktritt als WDR-Intendant an, um seinem Nachfolger genügend Zeit zur Einarbeitung zu geben. Ab 1. Juli wird Fritz Pleitgen sein Nachfolger im Amt. Nowottny verabschiedet sich vom WDR und tritt in den Ruhestand.
- 2002
Nowottny tritt als Kommentator zur Bundestagswahl 2002 bei RTL aktuell auf.
- 2005
Die Bundestagswahl 2005 kommentiert Nowottny für Phoenix. Er wird im gleichen Jahr mit dem neuen Steiger Award für herausragende Personen des öffentlichen Lebens in der Kategorie "Medien" ausgezeichnet.
- 2006
Januar: Nowottny erhält den "Goldenen Prometheus" für sein Lebenswerk. Der Preis wird vom Medienmagazin V.i.S.d.P. verliehen und kürt die Journalisten des Jahres.
Oktober: Beim Deutschen Fernsehpreis bekommt Nowottny den Ehrenpreis der Stifter.
- 2007
März: Debüt als Talkshow-Moderator. Nowottny übernimmt die Elternzeitvertretung für Sandra Maischberger in einer Folge ihrer Sendung "Menschen bei Maischberger" zum Thema "Politik regiert – Volk frustriert?".
Nowottny kommentiert in regelmäßigen Radiokolumnen im NordwestRadio von Radio Bremen das aktuelle politische Geschehen.
- 2015
Nach wie vor gibt Nowottny häufig Interviews als Zeitzeuge sowie als Experte für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Zustand der Medienlandschaft. Weiterhin tritt er als Redner bei Veranstaltungen und Konferenzen auf.
(vvg) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 22.01.2016
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Vargas Gonzalez, Veronica: Biografie Friedrich Nowottny, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/friedrich-nowottny.html
Zuletzt besucht am 22.11.2024