Rolf Hochhuth 1931 - 2020

Rolf Hochhuth ist ein deutscher Dramatiker und Schriftsteller. Er prägt das „dokumentarische Theater“ maßgeblich, das in den 1960er Jahren entsteht. Mit seinem Debüt "Der Stellvertreter" (1963), in dem die Haltung des Vatikans zum Holocaust thematisiert wird, sorgt er weltweit für Aufruhr und löst öffentliche Debatten aus.

  • 1931

    Rolf Hochhuth wird am 1. April in Eschwege als Sohn eines Schuhfabrikanten geboren.

  • 1951-1955

    Er beendet seine Schullaufbahn mit der Mittleren Reife, absolviert eine Buchhändlerlehre und arbeitet als Sortimenter und Antiquar in verschiedenen Buchhandlungen in Marburg, Kassel und München. Nebenher ist er Gasthörer an den Universitäten in Heidelberg und München.

  • 1955-1963

    Lektor im Bertelsmann-Lesering. Während dieser Tätigkeit arbeitet Hochhuth an der Herausgabe verschiedener Werkausgaben und Erzählanthologien mit.

  • seit 1963

    Hochhuth lebt als freier Autor in Riehen bei Basel.

    Einer seiner Förderer wird Karl Jaspers.

    Der Schwerpunkt seiner Themen liegt auf der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.

    Seine Werke sind mit dokumentarischem Beweis- und Belastungsmaterial angereichert, die Hochhuth in umfangreichen Recherchen zusammengetragen hat.

    Hochhuth wird damit zu einem der Hauptvertreter des sogenannten Dokumentartheaters der 1960er Jahre.

    Dabei entwickelt er sich zu einem der erfolgreichsten und umstrittensten Dramatiker der deutschsprachigen Bühnenwelt.

  • 1963

    Sein erstes Schauspiel "Der Stellvertreter. Ein christliches Trauerspiel", das am 20. Februar 1963 in der Inszenierung von Erwin Piscator uraufgeführt wird, gerät zu einem Welterfolg. Das Stück wird heftig diskutiert, weil Hochhuth darin die Frage nach der Mitschuld der katholischen Kirche und des Papstes, Pius XII., an der Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland aufwirft.

  • 1967

    Uraufführung des Stücks "Soldaten, Nekrolog auf Genf" an der Freien Volksbühne Berlin. In seinem zweiten Bühnenwerk untersucht Hochhuth die Mitverantwortung Winston Churchills an den Luftangriffen auf deutsche Städte im Zweiten Weltkrieg.

  • 1979

    Uraufführung des Stücks "Juristen" über die Rolle ehemaliger NS-Richter in der Bundesrepublik. Hochhuths Recherchen zu diesem Werk stehen in engem Zusammenhang mit dem Rücktritt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten und ehemaligen Marinerichters Hans Filbinger (1913-2007) im August 1978.

  • 1980

    Mit dem Drama "Ärztinnen" klagt Hochhuth das vermeintlich rücksichtslose Profitinteresse der Pharmaindustrie an.

    Verleihung des Literaturpreises der Stadt München und des Verbandes bayerischer Verleger sowie des Geschwister-Scholl-Preises für Literatur.

  • 1984

    In dem Stück "Judith" wird das geplante Attentat einer Einzelnen auf den amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan als "Rebellion der sonst Ohnmächtigen" gerechtfertigt.

  • 1989

    Sein Drama "Unbefleckte Empfängnis" gilt als Plädoyer für die Legalisierung der Leihmutterschaft.

  • 1990

    Uraufführung des szenischen Totentanzes "Sommer 1914" am Wiener Akademietheater. In dieser Szenenfolge wird die Schuld der Deutschen am Ersten Weltkrieg behandelt. Auszeichnung mit dem Jacob-Burckhardt-Preis der Basler Goethe Stiftung.

  • 1993

    Am "Berliner Ensemble" wird das Stück "Wessis in Weimar" uraufgeführt.

    Darin werden das Verhalten der Westdeutschen gegenüber den Ostdeutschen und die Praktiken der Treuhandanstalt thematisiert.

  • 1995

    Es wird bekannt, dass sich Hochhuth über die von ihm 1993 gegründete Ilse-Holzapfel-Stiftung das Vorkaufsrecht an der Brecht-Bühne "Berliner Ensemble" (BE) gesichert hat. Der künstlerische Leiter des Theaters, Heiner Müller, bewertet diese Bemühungen als "Intrige" und "Versuch der feindlichen Übernahme".

  • 1996

    März: Die Ilse-Holzapfel-Stiftung wird neue Eigentümerin des Grundstückes des Berliner Ensembles.

    April: Hochhuth erklärt seinen Rücktritt als Vorsitzender der Ilse-Holzapfel-Stiftung. Er bleibt allerdings weiterhin Mitglied im Verwaltungsrat.

    Im gleichen Monat übernimmt er eine Gastdozentenstelle für Poetik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main.

  • 1997

    Mai: Hochhuth vermacht seinen literarischen Nachlass dem Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.

  • 1998

    Die Ilse-Holzapfel-Stiftung vermietet das Brecht-Theater bis Ende des Jahres 2012 an das Land Berlin.

  • 2001

    Hochhuth erhält den Jacob-Grimm-Preis für Deutsche Sprache.

    Unter der Regie von Constantin Costa-Gavras wird "Der Stellvertreter" verfilmt.

    Am 25. Oktober wird im Citizen Theatre, Glasgow, das Stück "Nachtmusik" uraufgeführt.

  • 2004

    Das Stück "McKinsey kommt", das am 13. Februar am Theater Brandenburg uraufgeführt wird, erregt Aufsehen: Dem Autor wird vorgeworfen, in einer Textpassage Verständnis für einen Mordaufruf gegen den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann, angedeutet zu haben.

  • 2005

    Februar: Äußerungen Rolf Hochhuths in der rechts-nationalen Wochenzeitung "Junge Freiheit" führen zu einem Skandal. Er bezeichnet den britischen Historiker David Irving, der mehrfach gerichtlich als Leugner des Holocausts verurteilt wurde, als einen "fabelhaften Pionier der Zeitgeschichte".

    Nach einer scharfen Verurteilung dieser Einschätzung durch Paul Spiegel, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, distanziert sich Hochhuth von seinem positiven Urteil über Irving. In Folge dieser Affäre lehnt die Deutsche Verlagsanstalt (DVA) die Veröffentlichung seiner Autobiografie ab.

    November: Hochhuth ist zu Gast in der Fernsehserie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Alle Schauspieler dieser Serie treten umgekehrt bei der Uraufführung seines Stücks "Familienbande" im Brandenburger Theater auf.

  • 2007

    Am 13. Januar wird die Tragikkomödie "Heil Hitler!" von der freien Theatergruppe Blochberger in der Akademie der Künste in Berlin uraufgeführt.

  • 2020

    Rolf Hochhuth stirbt am 13. Mai in Berlin.

 

(iz/lb) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 14.05.2020
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Lepper-Binnewerg, Antoinette/Zündorf, Irmgard: Biografie Rolf Hochhuth, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/rolf-hochhuth.html
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