Walter Scheel ist ein FDP-Politiker und von 1974 bis 1979 der vierte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Vorher ist er im Kabinett von Bundeskanzler Willy Brandt Außenminister und damit maßgeblich an der Gestaltung der neuen Ostpolitik beteiligt. Als Bundespräsident wird Scheel mit seiner rheinischen und volksnahen Art populär.
- 1919
8. Juli: Walter Scheel wird in Solingen als Sohn eines Stellmachers geboren.
- 1938/39
Nach dem Abitur absolviert Scheel eine Ausbildung zum Bankkaufmann in Solingen.
- 1939-1945
Als Soldat bei der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg wird er zuerst in Frankreich und anschließend in Russland eingesetzt.
- 1942
Heirat mit der Unternehmertochter Eva Charlotte Kronenberg.
- 1944
Geburt des Sohnes Ulrich.
- 1945-1953
Geschäftsführer in verschiedenen Industrieunternehmen.
- 1946
Eintritt in die Freie Demokratische Partei (FDP).
- 1948
Scheel wird Stadtverordneter in Solingen.
- 1950
Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen.
- 1953-1974
Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Mitglied des Landesvorstandes der FDP in Nordrhein-Westfalen.
- 1953
Scheel gründet das Wirtschafts- und Marktforschungsunternehmen "Intermarket" mit Sitz in Düsseldorf, von dem er sich nach seinem Eintritt in die Bundesregierung wieder trennt.
- 1955-1957
Mitglied der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) in Luxemburg.
- 1956-1974
Mitglied des Bundesvorstandes der FDP.
- 1958
Scheel wird Mitglied des Europäischen Parlaments in Straßburg.
Er ist Vizepräsident der Liberalen Fraktion und Vorsitzender des Ausschusses für Entwicklungshilfe.
Bis 1961 übernimmt Scheel das Amt des Geschäftsführers in dem von ihm mitgegründeten Unternehmen Interfinanz, das sich mit Firmenkäufen und -verkäufen befasst.
- 1961-1966
- 1966
September: Ehefrau Eva Scheel stirbt an Krebs. Ihr Tod stürzt Scheel in eine schwere Krise.
Oktober: Rücktritt aller FDP-Minister aus der Regierung Erhard, was zum Sturz der Regierung Erhard führt.
- 1967-1969
Vizepräsident des Deutschen Bundestages als Nachfolger des verstorbenen Thomas Dehler.
- 1967-1974
Stellvertretender Vorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung.
- 1968-1974
Bundesvorsitzender der FDP als Nachfolger Erich Mendes.
Vizepräsident der Liberalen Weltunion, einem Zusammenschluss der liberalen Parteien und Organisationen aller Länder.
- 1969
Scheel heiratet in zweiter Ehe die Röntgenärztin Mildred Wirtz. Sie bringt ihre Tochter Cornelia mit in die Ehe, die Walter Scheel adoptiert.
Mildred Scheel ist Initiatorin und Präsidentin der Deutschen Krebshilfe. 1985 stirbt sie an Krebs.
- 1969-1974
Bundesaußenminister und Vizekanzler in beiden Kabinetten Brandt.
Mit der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages und der Ostverträge mit der UdSSR, Polen und der CSSR schlägt die Regierung Brandt/Scheel neue Wege in der Außenpolitik ein.
- 1970
Zusammen mit Bundeskanzler Willy Brandt unterzeichnet Scheel den Moskauer Vertrag.
Die Ratifizierung des Vertrages durch den Deutschen Bundestag 1972 gegen Widerstände seitens der Opposition ist nicht zuletzt Scheels besonderem Einsatz zu verdanken.
Geburt der Tochter Andrea Gwendolyn.
- 1971
Juli: Scheel reist als erster deutscher Außenminister zu einem offiziellen Besuch nach Israel.
Das Ehepaar Scheel adoptiert Simon Martin, ein Waisenkind aus Bolivien.
Auszeichnung mit dem Theodor-Heuss-Preis.
Auf dem Parteitag der FDP spricht sich Scheel klar für eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD aus.
- 1972
Bei einem Besuch Scheels in Peking wird die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und der Bundesrepublik vereinbart.
- 1973
Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
06. Dezember: In der Fernsehsendung "Drei mal Neun" singt Walter Scheel mit dem Düsseldorfer Männergesangverein das deutsche Volkslied "Hoch auf dem gelben Wagen". Im Januar 1974 erreicht die Aufnahme Platz 5 der deutschen Singlecharts.
- 1974-1979
Scheel wird als Nachfolger Gustav Heinemanns zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
- 1975
06. Mai: Zum 30. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges spricht Walter Scheel in der Schlosskirche in Bonn vom Kriegsende als „Befreiung von außen“. Er ist damit der erste Bundespräsident, der unmissverständlich Position bezieht. Aufmerksamkeit erhält dieses nationale Schuldbekenntnis jedoch erst 1985 als Richard von Weizsäcker anlässlich des 40. Jahrestages des Kriegsendes ähnliche Worte wählt.
Verleihung der Ehrendoktorwürde der Georgetown University/Washington D.C. und der Maryland-University in den USA sowie der Universität Heidelberg. 1978 der Universität Auckland/Neuseeland und der University Bristol/Großbritannien 1979.
- 1976
Scheel verweigert in seiner Funktion als Bundespräsident die Unterzeichnung des Gesetzes zur Abschaffung der Gewissensprüfung bei Wehrdienstverweigerern.
- 1977
Auszeichnung mit dem Karlspreis der Stadt Aachen.
Veröffentlichung der Schrift "Vom Recht des anderen - Gedanken zur Freiheit".
- 1978
November/Dezember: Kurz vor Ende seiner Amtszeit wird Scheels NSDAP-Mitgliedschaft publik. Da Scheel nicht noch einmal kandidieren will, nimmt er die Offenlegung zunächst gelassen. Er gibt an, sich nicht mehr an die Umstände des Parteieintritts erinnern zu können. Später bestreitet er die Mitgliedschaft.
- 1979
30. Juni: Mit einem Großen Zapfenstreich wird Scheel aus dem Amt des Bundespräsidenten verabschiedet. Sein Nachfolger wird Karl Carstens.
Wahl zum Ehrenvorsitzenden der FDP.
- seit 1980
Vorsitzender des Aufsichtsrates der bundeseigenen aber privatwirtschaftlich geführten Deutschen Entwicklungsgesellschaft (DEG).
Übernahme eines Aufsichtsratsmandates der Thyssen AG, später auch der Thyssen Stahl AG.
- 1986
Veröffentlichung des Buches "Wen schmerzt noch Deutschlands Teilung?".
Scheel nutzt seine Festrede im Deutschen Bundestag zum 17. Juni zu einem Plädoyer für die Fortsetzung der Entspannungs- und Abrüstungspolitik sowie dafür, mehr Verständnis für die Sowjetunion nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl zu zeigen.
- 1988
Scheel heiratet Barbara Wiese.
- 1995-2000
Vorsitzender der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung.
- 1999
In einer gemeinsamen Erklärung mit Bundespräsident Johannes Rau und Roman Herzog fordert Scheel eine Stärkung der Bürgergesellschaft.
- 2016
24. August: Walter Scheel stirbt im Alter von 97 Jahren in einem Pflegeheim in Bad Krozingen bei Freiburg. Der an Demenz Erkrankte hat sich in seinen letzten Lebensjahren nur noch selten in der Öffentlichkeit gezeigt.
(nc/ls/iz) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 15.04.2024
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Chmura, Nadine/Schmidt, Lara/Zündorf, Irmgard: Biografie Walter Scheel, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/walter-scheel.html
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