Der siebte Tag der Woche ist in der Diskussion: "Sonntag muss Sonntag bleiben" fordern Kirchen und Gewerkschaften in der Auseinandersetzung um Sonntagsarbeit und Ladenschluss. Aus ökonomischen Gründen in Frage gestellt, droht er zum profanen Wochentag degradiert zu werden. Trotzdem hat der Sonntag nach Meinung vieler Deutscher eine besondere Qualität.
Die Ausstellung zeigt die Geschichte des Sonntags als Teil der abendländischen Kultur, seine christliche Prägung und den Prozess der Säkularisierung, sowie die Versuche des Staates und der Wirtschaft, auf diesen Tag zuzugreifen. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Sonntagsgestaltung in Ost und West seit 1945.
Der jüdische Sabbat ist Vorbild für den Sonntag. In der frühchristlichen Kirche wird das Sabbatgebot auf den Sonntag als ersten Tag der Woche übertragen, in Erinnerung an die österliche Auferstehung Christi. Im Mittelpunkt steht die Feier der Eucharistie. Kaiser Konstantin erklärt den Sonntag im Jahr 321 erstmals zum gesetzlich geschützten Ruhetag.
Die wesentlichen Züge der traditionellen bürgerlichen "Sonntagskultur" mit Kirchgang und Sonntagsspaziergang bilden sich in der Zeit der ausklingenden Romantik und des Biedermeiers heraus. Der bürgerlichen Sonntagsidylle steht die Wirklichkeit in Landwirtschaft und Industrie gegenüber: Viele Bauern sind traditionell gezwungen, auch am Sonntag zu arbeiten. Der Takt der Maschinen bestimmt während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert den Sonntag der Arbeiter. Erst mit der Weimarer Reichsverfassung erhält das Sonntagsruhegebot 1919 Verfassungsrang. Arbeiter und Angestellte können sich beim Sonntagsausflug ins Grüne erholen. Die Nationalsozialisten knüpfen an die veränderten Möglichkeiten an, den Sonntag zu gestalten und versuchen, diesen Tag für ihre Ziele ideologisch zu vereinnahmen.
Zwei wesentliche Entwicklungen kennzeichnen den Wandel des Sonntags in der Bundesrepublik: Die kirchliche Bindung und die Verbindlichkeit des traditionellen Kirchgangs lassen seit Mitte der 1960er Jahre nach. Für einen wachsenden Teil der Bevölkerung gehört der Besuch des Gottesdienstes nicht mehr zum Sonntagsritual. Wirtschaftliches Wachstum und Arbeitszeitverkürzung, vor allem die stufenweise Durchsetzung des arbeitsfreien Samstags ab 1956, führen zu mehr Freizeit. Das Fernsehen und die steigende Motorisierung "gestalten" das Wochenende zunehmend mit.
Ökonomische Zwänge und das Bestreben, den christlich geprägten Sonntag durch eine "sozialistische" Sonntagsgestaltung zu verdrängen, kennzeichnen die aktive Politik der SED-Führung in der DDR. Arbeit und Freizeit im Kollektiv sollen auch das Wochenende bestimmen. Viele Familien ziehen sich am Wochenende lieber in die Laube im Grünen zurück. Die schrittweise Einführung der Fünftagewoche in der DDR nach 1967 unterstützt den Rückzug ins Private. "Freitag nach eins macht jeder seins" wird zum sprichwörtlichen Ausdruck einer individuellen, politikfreien Freizeitgestaltung.
Trotz der aktuellen Diskussion um die Flexibilisierung der Arbeitszeit und die Ausdehnung der Ladenschlusszeiten ist der Sonntag für die meisten Deutschen nach wie vor ein Tag der Entspannung und der sozialen Kontakte. Eine klare Absage erteilt die Bevölkerung allen Versuchen, den Sonntag zum normalen Werktag zu machen. Der "bürgerliche" Sonntag scheint ungefährdet: Familie, Fernsehen und Ausflüge stehen in der Prioritätenliste nach wie vor ganz oben.