Wir leben in einer Welt von Bildern. Sie begegnen uns in der Werbung, in der Politik, im Journalismus. Besonders Fotografien und Fernsehbilder - so scheint es - produzieren ein originales Abbild der Realität, sie prägen unser "Bild" von der Welt.
Die Wechselausstellung "Bilder, die lügen" fragt nach der Objektivität von Bildern und zeigt Grundmuster der Manipulation von und mit Bildern. Der Besucher taucht ein in ein "Lügen-ABC", dessen Gestaltung einem Labyrinth ähnelt. Von "A wie Aktuelles" über "K wie Kalter Krieg" bis "Z wie Zukunft": 26 Buchstaben-Beispiele veranschaulichen die Bandbreite des Themas.
Die Wechselausstellung "Bilder, die lügen" wurde von November 1998 bis Februar 1999 mit großem Erfolg im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn präsentiert. Mit 131.000 Besuchern ist sie eine der meistbeachteten Wechselausstellungen des Hauses der Geschichte. Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig ist die zweite Station der Ausstellung, die einzige in Ostdeutschland. Im Anschluß wird "Bilder, die lügen" voraussichtlich in Frankfurt a.M. und in Wien gezeigt.
Die bekannteste Methode, Fotos zu manipulieren, ist der direkte Eingriff in das Bildmaterial. Vor allem totalitäre Systeme nutzen bis heute diese Methode. "D wie Damnatio memoriae" bedeutet im klassischen Verständnis, die Erinnerung an bereits verstorbene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auszulöschen. Die Ausstellung nimmt den Begriff auf und erweitert ihn. Sie zeigt, wie mißliebig gewordene und in Ungnade gefallene Personen aus vorhandenem Bildmaterial entfernt und so aus der geschichtlichen Erinnerung gestrichen werden. Eines der bekanntesten Beispiele aus der Neuzeit ist der Fall des Oberbefehlshabers der Roten Armee und Mitglied des Zentralkommittes der Kommunistischen Partei, Leo Trotzki, den Stalin schließlich im mexikanischen Exil ermorden ließ.
Schere und Retuschepinsel sind heute längst überholt. Die modernen technischen Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung lassen eine Unterscheidung von authentischem und bearbeitetem Bild nicht mehr zu. "Z wie Zukunft" zeigt, wie neue virtuelle Realitäten - künstliche Bildwelten - entstehen, die aus der Kombination verschiedener Vorlagen zusammengesetzt sind , aber gänzlich am Computer geschaffen werden. Dies und die Perfektion der Simulationstechnik lassen die Grenze zwischen Schein und Sein verschwimmen.
Bilder lügen auch durch Informationen zum Bild: "B wie Born" rollt einen der spektakulärsten Fälle von Fälschung im Fernsehen auf. Mangelhafte journalistische Sorgfalt ermöglichte dem freiberuflich arbeitenden Journalisten Michael Born, Magazinbeiträge mit gestellten Szenen bei
verschiedenen Sendern zu plazieren, Filme über den Klu-Klux-Klan oder Aktivitäten kurdischer Extremisten. Nicht die Bilder allein, sondern erst die begleitende Kommentierung machten die Beiträge zur Lüge.
Ein weiteres Grundmuster ist die "Lüge mit Bildern", die geschickte und manipulative Zusammenstellung von Einzelbildern. "F wie Führermythos"zeigt am Beispiel des "Führers" Adolf Hitler die Inszenierung einer Person zum fast übernatürlichen Wesen der "Vorsehung". Je besser und umfassender es gelingt, diesem Eindruck widersprechende, "falsche" Bilder und andere Informationen zu unterdrücken, die den schönen Schein entlarven könnten, desto nachhaltiger ist die Wirkung dieser Form totalitärer Propaganda.
Jeder "Fall" der Ausstellung wird in seinem spezifischen historischen Kontext erläutert. Wesentliche Rollen spielen technische Umsetzung, Entlarvung und Rezeption der Lügengeschichten. Auch die unterschiedlichen Motive, die den Fälschungen zugrunde liegen - persönliche, kommerzielle, politische - werden in der Ausstellung deutlich. Ziel ist, den Besucher zu kritischem Umgang mit Bildern anzuregen.