Als "fotografische Reise durch die Werbe- und Warenwelt der DDR" bezeichnet der Berliner Fotograf Volker Weinhold seine Fotoausstellung mit dem Titel "Flieg Johanna, Flieg". Vom 4.- 27. Mai 2001 sind die sorgsam inszenierten Arbeiten Weinholds im Zeitgeschichtlichen Forum zu sehen.
Ob Fewa-Johanna, Badusan-Badetierchen, die Geister von Mux - dem Insektentod, Blitzi aus dem Hause VEB Bitterfeld Chemie, Messemännchen oder Minol Pirol insbesondere in den 1950/1960er Jahren entstehen in der DDR prägnante Werbefiguren. Freiheiten, die Werbegestalter wie Günter Schmitz und Horst Geil noch kennen, verschwinden spätestens 1972 mit der letzten Zwangsverstaatlichungswelle kleinerer Privatbetriebe. Ihre Figuren und Entwürfe sind noch bis 1989 im Alltag vieler Ostdeutschen präsent.
Der 1962 im sächsischen Roßwein geborene Volker Weinhold arrangiert die einstigen Ikonen sozialistischen Alltags neu. Mal bewußt kitschig und banal, mal mit einem Anflug leiser Ironie bastelt sich der Fotograf die passenden Kleinkunstkulissen aus zeittypischen Requisiten. Dabei ist es der kleine Unterschied zwischen Wunschdenken und Wirklichkeit, der den Reiz der Fotoserie ausmacht: Sauberfrau Johanna - Maskottchen des Waschmittels Fewa - "fliegt" mit scheinbarer Leichtigkeit auf ihrer Waschmaschine vom Typ WM 66 durch die Lüfte. Die Mühen des Alltags werden auf dem Foto nur durch den Kochlöffel angedeutet. Die Werbefigürchen des Reisebüros der DDR sind unter einem kyrillisch beschrifteten Globus platziert, im Blickfeld liegt Südamerika - ein Land, das für die meisten Ostdeutschen unerreichbar ist. Maskottchen Blitzi mit dem in den sechziger Jahren noch optimistisch klingenden Slogan "...bringt Chemie ins Heim" ist vor rauchender Fabrikschlot-Kulisse neben schwefelgelben Reagenzgläsern postiert. Und im Hintergrund der für den Export bestimmte Keksschachtel "Camping-Biscuits" marschiert die NVA.
Die Präsentation "Flieg Johanna, Flieg" war bereits im Museum für Angewandte Kunst in Gera, im Kulturhistorischen Museum Stralsund sowie im Industriemuseum Chemnitz zu sehen. Anlass für die Präsentation der Bilder Volker Weinholds bietet die zweite Leipziger Museumsnacht am 12.05.2001, an der sich das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig unter dem Motto "Zwischen Alltag und Parteitag" beteiligt. Der Künstler wird in der Museumsnacht anwesend sein.