Rund 100 Fotografien des Ost-Berliner Fotografen Harald Hauswald zeigt das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig in der Ausstellung "Leben vor dem Mauerfall", die vom 14. Oktober bis 20. November 2005 im Foyer zu sehen ist. Die Präsentation basiert auf dem im Frühjahr 2005 unter dem Titel "Ost-Berlin. Leben vor dem Mauerfall" neu aufgelegten und viel beachteten Foto- und Textband von Harald Hauswald und Lutz Rathenow. Zur Eröffnung am 13. Oktober um 18 Uhr liest der Schriftsteller Lutz Rathenow aus seinen Texten.
Als der Bildband 1987 unter dem Titel "Ostberlin. Die andere Seite einer Stadt in Texten und Bildern" in München erscheint, empfindet ihn die SED-Regierung als blanke Provokation; sie lässt das Buch auf der Leipziger Buchmesse beschlagnahmen. Hauswalds Fähigkeit, mit seinen technisch brillanten Fotografien die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit im "real existierenden Sozialismus" aufzudecken, ist für Staatssicherheit und Kulturfunktionäre schwer zu ertragen.
Die Fotos zeigen schlicht und einfach den Alltag in Ost-Berlin und der DDR, nicht mehr, aber auch nicht weniger: sinnentleerte Propagandaparolen vor bröckelnden Fassaden, Menschenschlangen vor den Läden, Tristesse in Neubaugebieten und auf Hinterhöfen. Und vor allem Gesichter: Müde, lachende, weinende Gesichter, alte, auch einsame Menschen, Kinder mit Kriegsspielzeug, Skins und Punks – Motive, die nicht in das offizielle Propagandabild passen wollen. Als "Kult der Hässlichkeit" bezeichnet die Staatssicherheit in ihren Berichten hilflos die Arbeiten von Harald Hauswald.
Heute sind die sozialdokumentarischen Aufnahmen mehr denn je ein unschätzbares Zeugnis vom "Leben vor dem Mauerfall" in der DDR. Die Ausstellung präsentiert über den Bestand des Buches hinausgehend Arbeiten von Harald Hauswald.
Der Fotoband "Ost-Berlin. Leben vor dem Mauerfall" ist im Jaron-Verlag Berlin erschienen.