Chile 1973-1990: Verschleppung, Folter und Mord gehören unter der Herrschaft des Diktators Augusto Pinochet zur Normalität im Umgang mit politischen Gegnern.
Jahre später hat der Hamburger Fotokünstler DG. Reiß die "unsichtbaren Zeugen" der Gewalttaten aufgesucht. Das Zeitgeschichtliche Forum zeigt ab dem 10. November 2000 die bewegenden Ergebnisse seiner Ortsbesichtigung. Die Präsentation ist bis zum 21. Januar 2001 zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Auf den ersten Blick sind die großformatigen Arbeiten von DG. Reiß schlicht schön. Die Aufnahmen zeigen Orte ohne Menschen: Mauern, Straßen, Häuserecken, Fensterausschnitte. Erst auf den zweiten Blick entfaltet sich dem Betrachter die Bedeutung des scheinbar Banalen. Hier werden Orte gezeigt, an denen Gegner des Pinochet-Regimes ermordet wurden: Priester, Gewerkschafter, Intellektuelle und andere Oppositionelle. Durch die knappen Biografien der Ermordeten werden die Umstände der Gewalttaten offensichtlich, die Aufnahmen erhalten durch das Wissen und die Anteilnahme eine neue Dimension.
Der Fotokünstler DG. Reiß ließ sich bei seinem Projekt, das 1997 und 1998 während dreier Reisen nach Chile entstanden ist, von den Aufnahmen des nach Amerika ausgewanderten jüdischen Künstlers Erich Hartmann inspirieren. Unter dem Titel "Stumme Zeugen" hatte der inzwischen verstorbene Erich Hartmann Reste der Konzentrationslager und Gedenkstätten des Holocausts fotografiert und damit die Gräueltaten des Nationalsozialismus symbolisch dargestellt. Fotografie nicht als Abbild, sondern als Symbol zu begreifen, war und ist auch für DG. Reiß künstlerischer Leitgedanke. Als Hommage an die Arbeit Hartmanns nannte er sein Projekt "Unsichtbare Zeugen".