Joachim Gauck ist von 2012 bis 2017 der 11. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Er arbeitet nach dem Theologiestudium zunächst als evangelisch-lutherischer Pfarrer in Mecklenburg und engagiert sich 1989/90 mit wöchentlichen Gottesdiensten in Rostock, von denen anschließend Massendemonstrationen gegen das SED-Regime ausgehen. 1990 wird Gauck „Sonderbeauftragter für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR“.
- 1940
24. Januar: Joachim Gauck wird in Rostock als Sohn eines Kapitäns geboren.
- 1951
Der Vater wird verhaftet und nach Sibirien deportiert. 1955 wird er begnadigt und kehrt nach Rostock zurück.
- 1958-1965
Studium der Theologie in Rostock.
- seit 1965
Tätigkeit bei der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg.
Zunächst arbeitet Gauck als Vikar.
Nach seiner Ordination wird er Pastor in Lüssow/Kreis Güstrow, 1970 wird er in das Neubaugebiet Rostock-Evershagen versetzt.
Im Nebenamt ist er als Kreis- und Stadtjugendpfarrer in Rostock tätig.
- 1982-1990
Leiter der Kirchentagsarbeit in Mecklenburg.
- 1989/90
Mitinitiator der kirchlichen und politischen öffentlichen Protestbewegung in Mecklenburg. Gauck leitet wöchentliche Gottesdienste mit anschließender Großdemonstration in Rostock.
Mitglied und Sprecher des Neuen Forum Rostock.
- 1990
März-Oktober: Abgeordneter der frei gewählten Volkskammer für das Neue Forum. In dieser Funktion übernimmt er die Leitung des "Sonderausschusses zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) /Amt für Nationale Sicherheit (AfNS)".
August: Mitinitiator des Stasiunterlagen-Gesetzes der Volkskammer. Darin wird vor allem die Öffnung der Stasi-Akten für die "politische, juristische und historische Aufarbeitung" festgelegt.
2. Oktober: Die Volkskammer wählt Gauck nahezu einstimmig zum "Sonderbeauftragten für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR".
3. Oktober: Gauck wird von Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl zum "Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes" berufen.
- 1991
Dezember: Mit der Verabschiedung des Stasiunterlagen-Gesetzes des Deutschen Bundestages wird Gauck "Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR".
Zusammen mit Jens Reich, Ulrike Poppe und drei weiteren Bürgerrechtlern wird Gauck stellvertretend für die Oppositionellen in der DDR mit der Theodor- Heuss-Medaille ausgezeichnet.
Veröffentlichung der Schrift "Die Stasi-Akten. Das unheimliche Erbe der DDR".
- 1992
Veröffentlichung des Aufsatzes "Von der Würde der Unterdrückten".
- 1993
Veröffentlichung des Aufsatzes "Verlust und Übermut. Ein Kapitel über den Untertan als Bewohner der Moderne".
- 1995
Gauck wird für weitere fünf Jahre als "Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR" vom Deutschen Bundestag bestätigt.
Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.
In Interviews wendet er sich gegen den Wunsch "die Vergangenheit ruhen zu lassen". Ein Ende der Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit läuft seiner Meinung nach auf eine "Verabredung des allgemeinen Vergessens" hinaus.
- 1996
Verleihung des Hermann-Ehlers-Preises.
- 1997
Oktober: Gauck stellt den dritten Tätigkeitsbericht seiner Behörde vor. Danach sind bis Juni 1997 rund 1,3 Millionen private Anträge für eine Einsicht in die Stasi-Akten eingegangen, sowie 2,3 Millionen von seiten der Behörden, Ämter und öffentlichen Verwaltungen.
Gauck spricht sich dafür aus, die am 31. Dezember 1997 auslaufende Verjährungsfrist für mittelschwere Straftaten aus Zeiten der DDR nicht zu verlängern. Der Koalitionsausschuss setzt dennoch eine neue Frist bis zum 2. Oktober 2002 fest.
Zusammen mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Freimut Duve (geb. 1936) wird Gauck mit dem Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken in Bremen ausgezeichnet.
- 1998
Gauck gibt an, dass nach neuesten Erkenntnissen bis 1989 zwischen 20.000 und 30.000 Stasi-Spitzel in der Bundesrepublik Deutschland versucht haben, das dortige System zu beeinflussen oder auszuhebeln.
4. November: Gauck lehnt es ab, einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit zu ziehen, da noch immer zahlreiche Anträge zur Akteneinsicht in seiner Behörde eingingen.
Mitautor am "Schwarzbuch des Kommunismus"
- 1999
9. November: Neben dem früheren sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow, dem früheren amerikanischen Präsidenten George Bush, Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und dessen Vorgänger Helmut Kohl sowie dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse spricht Gauck anlässlich des zehnten Jahrestages des Mauerfalls vor dem Deutschen Bundestag.
Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Rostock.
Gauck erhält die ungarische Imre-Nagy-Gedenkplakette.
- 2000
28. September: Der Bundestag wählt die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Marianne Birthler zur neuen "Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR". Gauck hatte nicht erneut für das Amt kandidiert, da der Beauftragte nur zweimal für jeweils fünf Jahre gewählt werden kann.
Gauck erhält den Cicero-Rednerpreis und den Dolf-Sternberger-Preis für öffentliche Rede.
Verleihung des Wartburg-Preises.
Veröffentlichung: "Eine Revolution und ihre Folgen. 14 Bürgerrechtler ziehen Bilanz".
- 2001
Von Januar bis November moderiert Gauck die WDR-Sendung "Gauck trifft.....".
Ehrung mit dem Erich-Kästner-Preis.
Veröffentlichung (zusammen mit Alexander Neville und Jutta Limbach): "Wahrheitspolitik in Deutschland und Südafrika. Drei Pfade zur Aufarbeitung der Vergangenheit".
- 2001-2004
Deutsches Mitglied des Verwaltungsrates der "Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit".
- 2003
Verleihung des Bad Iburger Courage-Preises für außergewöhnliche und mutige Taten.
- 2003-2012
Vorsitzender der Vereinigung "Gegen Vergessen - Für Demokratie".
- 2004
Gauck setzt sich für eine Umgestaltung der Ausstellung "Spuren des Unrechts" für die Opfer der NS-Militärjustiz in Torgau ein. Neben Opfern der NS-Justiz sollen nun auch das sowjetische Speziallager und der DDR-Strafvollzug in Torgau thematisiert werden. Am 9. Mai hält Gauck die Eröffnungsrede.
- 2009
Veröffentlichung (zusammen mit Helga Hirsch): "Winter im Sommer - Frühling im Herbst. Erinnerungen".
- 2010
Nach dem Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler (CDU) am 31. Mai wird Joachim Gauck von SPD und Bündnis 90/Die Grünen als Kandidat für das Bundespräsidentenamt nominiert, was überparteilich und in der Bevölkerung auf breite Zustimmung stößt.
30. Juni: Mit dem achtbaren Ergebnis von 494 Stimmen unterliegt Gauck im dritten Wahlgang dem Kandidaten der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP, dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen Christian Wulff (CDU).
- 2012
Am 18. März wird Joachim Gauck im ersten Wahlgang mit 991 von 1.228 Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt.
Er ist nach dem Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff überparteilicher Kandidat von Union, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP.
- 2016
06. Juni: Joachim Gauck gibt bekannt, dass er nicht für eine zweite Amtszeit kandidiert. Er könne nicht garantieren, die nötige Energie und Vitalität aufzubringen, erklärt er.
- 2017
17. März: Mit einem Großen Zapfenstreich wird Joachim Gauck verabschiedet. Sein Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten ist Frank-Walter Steinmeier.
(iz/reh) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 03.07.2017
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Haunhorst, Regina/Zündorf, Irmgard: Biografie Joachim Gauck, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/joachim-gauck.html
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