Die Volkskammer ist das Parlament und nominell höchste Verfassungsorgan der DDR. Sie wählt den Ministerrat und seit 1960 auch den Staatsrat. Das Parlament besteht bis 1963 aus 400, später aus 500 Abgeordneten, die alle vier Jahre (später alle fünf Jahre) nach Einheitslisten gewählt werden. Die Abgeordneten werden nach einem vorher festgelegten Schlüssel auf die Parteien und Massenorganisationen verteilt. In der Volkskammer vertreten sind SED, CDU, LDPD, NDPD, DBD, Massenorganisationen (FDGB, FDJ, KB, DFD) sowie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Die SED beherrscht die Volkskammer, denn nahezu alle Abgeordneten der Massenorganisationen gehören der Partei an und auch NDPD und DBD folgen dem SED-Kurs.
Scheinparlament
Laut Verfassung hat die Volkskammer die alleinige verfassungsändernde und legislative Kompetenz. Tatsächlich bestimmen jedoch das Politbüro und der Erste Sekretär des Zentralkomitees der SED den politischen Kurs der DDR. Die Volkskammer darf den Beschlüssen lediglich zustimmen.
Volkskammerwahl 1950
Die Wahlen zur ersten Volkskammer finden am 15. Oktober 1950 statt. Eine wirkliche Wahl haben die Menschen in der DDR aber nicht. Alle Parteien und Massenorganisationen sind zur "Nationalen Front" zusammengefasst, die mit einer Einheitsliste antritt. Die Stimmabgabe erfolgt vielfach nicht geheim, sondern offen, ohne Wahlkabinen. Auch kommt es zu umfangreichen Fälschungen des Ergebnisses, demzufolge bei einer 98-prozentigen Wahlbeteiligung 99,7 Prozent der gültigen Stimmen auf die Einheitsliste entfallen. Trotzdem behauptet das SED-Regime, dass die Regierung der DDR vom Volk demokratisch gewählt sei. Erster Volkskammerpräsident ist Johannes Dieckmann (LDPD).
Länderkammer
Neben der Volkskammer existiert eine zweite Kammer, über die laut Verfassung die Länder an der Gesetzgebung beteiligt sind. In der Realität hat sie jedoch keine Bedeutung. Die Länderkammer besteht auch nach der Auflösung der Länder 1952 weiter und wird erst 1958 von der Volkskammer abgeschafft.
(ag, sw, mw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 29.02.2016
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Grau, Andreas/Wirtz, Susanne/Würz, Markus: Volkskammer, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-gruenderjahre/weg-nach-osten/volkskammer.html
Zuletzt besucht am: 17.12.2024