11. Dezember 1976, Tagebucheintrag Sabine Voigt, Dresden/DDR: „Ach ja, ich habe 4 Briefe in die Welt geschickt. (…) Mal sehen, ob ich Antwort bekomme. Wäre jedenfalls toll!“. Sabine ist damals 16 Jahre alt, ein typischer Teenager mit Träumen, Selbstzweifeln, Schulstress und Liebeskummer – und mit der ungestillten Sehnsucht nach der großen weiten Welt. Eine Welt, die in den 1970er Jahren nicht nur für das junge Mädchen aus Dresden, sondern für fast alle Menschen in der DDR unerreichbar ist. Sabine schickt 40 Briefe an erdachte Adressaten rund um den Globus: Nach Australien, Madagaskar oder zum Südpazifik-Atoll Funafuti. Die Briefe sollen niemanden erreichen, sie sollen nur mit Poststempel zurückkommen. Als Beweis dafür, dass es eine unbeschwerte Welt außerhalb der engen Grenzen des sozialistischen Staates gibt.
Und wirklich: 15 der unzustellbaren Briefe finden zur Absenderin zurück, sie hütet sie von nun an wie einen Schatz. Als 1989 die Mauer fällt, genießt Sabine Jaehnke die grenzenlose Reisefreiheit, endlich! Ihre Kamera hat sie immer dabei.
Ausgehend von den Briefen begleitet die Fotoausstellung Sabine Jaehnke, auf ihren späteren Entdeckungstouren zu den Sehnsuchtsorten ihrer Jugendzeit. Viele Reiseerlebnisse der Meisterschülerin der Berliner Ostkreuzschule für Fotografie spiegeln sich in Fotocollagen wieder. Aus den Aufnahmen aus aller Herren Länder entstehen zahlreiche Bildbände. Wir zeigen eine Auswahl ihres vielfältigen künstlerisch-fotografischen Schaffens voller poetischer Momente.
2021 stirbt Sabine Jaehnke. Auf Funafuti ist sie nie gewesen.
Funafuti, ein kleines Atoll im Südpazifik, ist das Sehnsuchtsziel von Sabine Jaehnke. Sie wächst in der DDR auf, Reisen ist für sie also nur eingeschränkt möglich. Erst nach der Wiedervereinigung macht sie ihr Hobby zum Beruf, reist durch die Welt und fotografiert. Nur nach Funafuti kommt sie nie.