Vortrag und Gespräch mit Dr. Kai Nowak (Historiker, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)
In Kooperation mit dem Historischen Seminar der Universität Leipzig
Vom Verkehrskasper über den schulischen Verkehrsunterricht und die Fahrschule bis hin zu Autobahnplakaten: Bis heute begleiten Maßnahmen der Verkehrserziehung die Menschen von der Wiege bis zur Bahre. Sie sollen helfen, den Unsicherheiten des Straßenverkehrs kompetent zu begegnen. Über das Vermitteln theoretischen Wissens hinaus geht es der Verkehrserziehung darum, „richtiges“ Verhalten im Unterbewussten zu verankern, damit es routinisiert abgerufen werden kann.
Der Historiker Kai Nowak fragt in einem Forschungsprojekt nach den Veränderungen und Kontinuitäten der Verkehrserziehung in Deutschland und nach ihren Praktiken. Er setzt mit den ersten Fahrschulen Anfang des 20. Jahrhunderts ein, betrachtet die Institutionalisierung von Verkehrserziehung in der Weimarer Republik und ihre ideologische Indienstnahme im Nationalsozialismus sowie schließlich auch ihre Professionalisierung in der Ära der Massenmotorisierung und der gesamtdeutschen Verkehrsprobleme der Nachwendejahre. Dabei untersucht er die Konzepte und Strategien von Verkehrserziehung als Verweise auf gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen. Zudem rückt er das Wechselverhältnis mit technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen in den Fokus. Anhand der Verkehrssicherheit, so Nowaks These, finden vielfältige Aushandlungsprozesse statt – etwa über geeignete Maßverhältnisse von Sicherheit und Risiko, von Regulierung und Selbstorganisation oder über Leitbegriffe wie Gemeinschaft, Demokratie, Freiheit und Selbstverantwortung.
Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „Werkstattgespräche zur Zeit/Geschichte“. Regelmäßig stellen Studierende und Absolventinnen bzw. Absolventen des Historischen Seminars der Universität Leipzig ihre Forschungsprojekte außerhalb des akademischen Raums zur Diskussion. Besucherinnen und Besuchern eröffnet die Reihe neue Perspektiven auf die universitäre Forschung und lädt zum Mitdiskutieren ein.
Kai Nowak ist Historiker und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich für Historische Erziehungswissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zuvor forschte und lehrte er an den Universitäten Gießen und Leipzig und war Forschungsstipendiat der Gerda-Henkel-Stiftung. 2014 wurde er an der Justus-Liebig-Universität Gießen mit einer Arbeit über Filmskandale in der Weimarer Republik promoviert (Projektionen der Moral, Wallstein 2015). Aktuell forscht er zur Geschichte der Verkehrserziehung und habilitiert sich damit am Historischen Seminar der Universität Leipzig. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Deutsche und Europäische Kultur- und Gesellschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Medien- und Filmgeschichte, Geschichte von Sicherheit, Risiko und Prävention sowie die Geschichte von Bildungstechnologien und -medien.