"Spiele unter dem Hakenkreuz"
Berlin, Olympia Stadion, 1. August 1936: Adolf Hitler eröffnet die XI. Olympischen Sommerspiele. Die Nationalsozialisten setzen zur Durchführung der Spiele umfangreiche finanzielle, organisatorische und personelle Mittel ein. Für die Mehrzahl der Teilnehmer und Besucher sind sie ein überwältigendes Erlebnis. Die sorgfältige Inszenierung der Spiele findet bei ihnen hohe Anerkennung. Viele Besucher nehmen den politischen Alltag im nationalsozialistischen Deutschland nicht wahr. Politische Gegner sind bereits weitgehend ausgeschaltet. Mit offenem Terror und rassistischer Gesetzgebung schränken die Nationalsozialisten die Lebensrechte der Juden ein.
Im Jahr des 100. Jubiläums und 60 Jahre nach den Spielen in Berlin zeigt das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland vom 14. November bis 26. Januar 1997 eine Ausstellung der Stiftung Topographie des Terrors (Die Ausstellung wurde vom 24. Mai bis 18. August 1996 in Berlin präsentiert.) mit Filmen, Dokumenten und Fotos aus mehr als 150 deutschen und ausländischen Archiven. In Bonn sind darüber hinaus dreidimensionale, zum Teil noch nie öffentlich gezeigte Objekte zu sehen - zum Beispiel die Originalhandschrift der olympischen Hymne von Richard Strauss oder das Gastgeschenk der französischen Mannschaft an Hermann Göring.
Entscheidung für Berlin
Noch in der Zeit der Weimarer Republik bewirbt sich Berlin um die Austragung der Olympischen Spiele 1936. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) gibt 1931 den Zuschlag. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wächst vor allem in den USA der Widerstand gegen die Austragung in Deutschland. Zur Besänftigung ausländischer Kritiker läßt die Reichsregierung antisemitische Hetzplakate vorübergehend entfernen. Auf Drängen amerikanischer Boykottgegner dürfen auch jüdische Sportler in der deutschen Mannschaft trainieren und starten.
Das IOC hält trotz der Proteste an Berlin als Austragungsort für die Sommerspiele fest, da es im Boykott der Spiele eine unzulässige Vermischung von Sport und Politik sieht.
Propaganda
Eine großangelegte Werbekampagne im In- und Ausland ist wichtiger Teil der Vorbereitungen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele tragen über 3000 Läufer das olympische Feuer von Griechenland zur Wettkampfstätte. Rundfunk und Fernsehen übertragen erstmalig die Spiele direkt. Die Koordination der Berichterstattung liegt beim Propagandaministerium. Im Innenraum des Stadions dürfen - mit einer Ausnahme - nur Bildreporter mit deutscher Staatsbürgerschaft fotografieren. Wettkämpfe und sorgfältig geplante Begleitveranstaltungen bieten Gelegenheit zur Selbstdarstellung des Regimes. Die Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen sind ein wichtiger organisatorischer Testlauf. Das Olympiastadion im "Reichssportfeld" ist das erste Beispiel für die monumentale Architektur des Nationalsozialismus.
Wettkämpfe und Sportler
Beim "Olympia der Rekorde" sind die Teilnehmer-, Wettbewerbs- und Besucherzahlen größer als je zuvor. Vom Publikum gefeiert wird Jesse Owens, der vier Goldmedaillen für die USA erringt.
Viele Olympiateilnehmer von 1936 werden später Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland und im besetzten Europa: gefoltert, im KZ ermordet oder im Krieg getötet wie 21 Mitglieder der polnischen Olympiamannschaft. Der deutsche Ringer Werner Seelenbinder wird wegen "kommunistischer Widerstandstätigkeit" im Oktober 1944 hingerichtet. Viele deutsche Olympioniken wie Rudolf Harbig finden als Soldaten den Tod.Der Zweite Weltkrieg wirkt sich auch auf die Olympischen Spiele aus: Die geplanten Wettkämpfe in Helsinki (1940) und London (1944) fallen aus. Eine deutsche Mannschaft nimmt erst wieder 1952 an Olympischen Spielen teil.
Im Begleitprogramm zeigte das Haus der Geschichte den offiziellen Film über die IV. Olympischen Winterspiele in Garmisch Partenkirchen. Darüber hinaus sind auch "Olympia. Fest der Völker" und "Olympia. Fest der Schönheit" von Leni Riefenstahl zu sehen. Diese technisch meisterhaften Inszenierungen der Wettkämpfe gelten wegen des zugrunde liegenden Menschenbildes und der politischen Bildsymbolik als ein Manifest nationalsozialistischer Ideologie und Ästhetik.