Mit den Ereignissen der Jahre 1989/90 endet in Europa eine politische Epoche. In ihrem Verlauf hat sich in Deutschland die Rolle der alliierten Kriegsgegner von einst grundlegend gewandelt. Als militärische Partner und politische Freunde sicherten sie den Frieden und die freiheitliche Entwicklung des Westens. Die neue weltpolitische Lage erlaubt erstmals ohne erkennbares Risiko, die alliierten Truppen in Deutschland spürbar zu reduzieren. Erst jetzt wird vielen Bewohnern der Militärstandorte deutlich, wie sehr die Anwesenheit der ausländischen Soldaten und ihrer Familien das Alltagsleben prägte.
Offizielle Veranstaltungen und private Kontakte vertieften die Beziehungen zwischen der einheimischen Bevölkerung und den zeitlich befristet stationierten Soldaten; sie halfen, Kultur und Mentalität des jeweils anderen Landes besser zu verstehen. In den Jahrzehnten seit Ende des Zweiten Weltkrieges erlebten Millionen amerikanischer Soldaten Deutschland und die Deutschen. Eindrücke und Erfahrungen der Soldaten und ihrer Angehörigen prägten auch wesentlich das Deutschlandbild in den jeweiligen Heimatländern - vor allem in den Vereinigten Staaten. Über die politische Ebene hinaus entstanden weitreichende und tiefe persönliche Kontakte und Freundschaften.
Die Ausstellung "By the way. Fotografien amerikanischer Soldaten in Deutschland" wendet sich bewußt nicht den offiziellen Anlässen oder der großen Politik zu, sondern stellt vor allem das Miteinander Deutscher und amerikanischer Soldaten und deren Familienangehöriger in den Mittelpunkt.
Die Veränderungen in den deutsch-amerikanischen Beziehungen kann in vollem Umfang nur erfassen, wer den Blick zurückwendet auf die unmittelbare Nachkriegszeit.
Daher haben die Fotografien von Tony Vaccaro in der Ausstellung besondere Bedeutung: Als GI nahm er seit der Landung in der Normandie im Juni 1944 am Vormarsch der amerikanischen Truppen teil und hielt seine Eindrücke mit der Kamera fest. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Bildberichterstatter für die amerikanische Truppenzeitung The Stars and Stripes. Nach Rückkehr in die USA wurde er zu einem anerkannten und erfolgreichen Fotografen, dessen künstlerisches Schaffen das New Yorker Museum of Modern Art 1998 mit einer Retrospektive würdigen wird. Nicht militärische Operationen, nicht die typischen Motive der professionellen Kriegsberichterstatter interessierten Vaccaro, vielmehr beobachtete er mit einfühlsamer Neugier den Alltag der Bevölkerung. Seine Bilder reflektieren die eigentümliche Ruhe zwischen Krieg und unmittelbarer Nachkriegszeit. Er zeigt die harten Bedingungen städtischen Ruinenlebens ebenso wie scheinbare Idylle auf dem Land, Probleme des Miteinanders ebenso wie das Aufblühen der Kultur, facettenreiche Beziehungen zwischen Siegern und Besiegten.
Das Spannungsverhältnis zwischen den Fotografien aus den vierziger und den neunziger Jahren unseres Jahrhunderts eröffnet vielfältige und unerwartete, immer zum Nachdenken anregende Interpretationsmöglichkeiten: Grundlegende Veränderungen im Miteinander, Vielfalt und Gemeinsamkeiten privater Sichtweisen, auch deren Bedeutung für das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland.