Günter Gaus ist ein deutscher Journalist und Politiker, der mit der ZDF-Sendereihe "Zur Person" in den 1960er Jahren bekannt wird. Nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "DER SPIEGEL" wechselt Gaus in die Politik, wird 1973 Staatssekretär unter Kanzler Willy Brandt und 1974 „Ständiger Vertreter der Bundesrepublik“ in der DDR. Ab 1981 betätigt sich Gaus wieder hauptsächlich publizistisch und wird dafür mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
- 1929
23. November: Günter Gaus wird in Braunschweig als Sohn eines Kaufmanns geboren.
Nach dem Abitur studiert er Geschichte und Germanistik an der Universität München.
Er arbeitet als Journalist schon vor seinem Studienabschluss.
- 1953-1965
Gaus arbeitet als politischer Redakteur bei der Wochenzeitschrift "Der Spiegel" (1958-1961) und der Tageszeitung "Süddeutsche Zeitung" (1961-1965), wo er vor allem durch seine Politiker-Porträts auf sich aufmerksam macht.
- 1955
Gaus heiratet Erika Butzengeiger. Aus der Ehe geht eine Tochter hervor.
- 1963
10. April: Die erste Sendung seiner Interviewreihe "Zur Person - Porträts in Frage und Antwort" wird im Fernsehen ausgestrahlt.
Sein erster Interviewpartner ist der damalige Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard.
Gaus interviewt seitdem Prominente aus Politik, Wissenschaft und Kunst und wird mit dieser TV-Reihe berühmt.
- 1965
Gaus wird zum Programmdirektor und stellvertretenden Intendanten des Südwestfunks gewählt.
Mit der Veröffentlichung des Buches "Bonn ohne Regierung? Kanzlerregiment und Opposition" stellt sich Gaus als politischer Publizist vor.
- 1966
Gaus wird erster Moderator und Leiter des TV-Nachrichtenmagazins "report".
Veröffentlichung der Gesprächsaufzeichnungen mit Herbert Wehner unter dem Titel "Staatserhaltende Opposition oder hat die SPD recht?".
- 1969-1973
Gaus wechselt als Chefredakteur zum Spiegel und ist in dieser Zeit einer der wichtigsten journalistischen Befürworter der Neuen Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt.
- 1973
Bundeskanzler Brandt ernennt Gaus zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt.
Nach Inkrafttreten des Grundlagenvertrages wird Gaus zum Ständigen Vertreter der Bundesrepublik in der DDR ernannt.
Zunächst besteht seine Hauptaufgabe darin, die deutsch-deutschen Gespräche über die Errichtung der Ständigen Vertretungen in Bonn bzw. Ost-Berlin mit dem stellvertretenden DDR-Außenminister Kurt Nier (geb. 1927) fortzuführen. 1974 kann das entsprechende Protokoll unterzeichnet werden.
Als "Chefunterhändler" der Bundesrepublik Deutschland handelt Gaus insgesamt 17 Abkommen mit der DDR aus, darunter die Verkehrsverträge über den Bau einer neuen Autobahn Berlin-Hamburg, den Ausbau des Teltow-Kanals Ende 1978 und die Pauschalierung der Straßennutzungsgebühren im innerdeutschen Reiseverkehr (1979).
- 1976
Eintritt in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD).
- 1981
Januar: Nachdem Gaus als Ständiger Vertreter der Bundesrepublik durch Klaus Bölling (geb. 1928) abgelöst worden ist, wird ihm das Amt des Wissenschaftssenators im neugebildeten Berliner Senat des Regierenden Bürgermeisters Hans-Jochen Vogel übertragen. Den Posten muss er allerdings nach den vorgezogenen Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus und dem Wahlerfolg der Christlich Demokratischen Union (CDU) im Mai wieder abgeben.
- seit 1981
Gaus widmet sich verstärkt journalistischen und publizistischen Aufgaben. In seinen Büchern beschäftigt er sich vor allem mit der Analyse der westdeutschen und der DDR-Gesellschaft.
Oktober: Der SPD-Vorsitzende Brandt beruft Gaus zum deutschland- und außenpolitischen Berater der Internationalen Kommission beim SPD-Vorstand.
- 1982
Der Film "Blick zurück - nach vorn", in dem Gaus seine persönlichen Erfahrungen in und mit der DDR thematisiert, wird im ZDF ausgestrahlt.
- 1983
Veröffentlichung der Schrift "Wo Deutschland liegt - Eine Ortsbestimmung", in der sich Gaus mit den von ihm beobachteten Lebensverhältnissen in der DDR auseinandersetzt.
- 1984
Beginn seiner neuen Interviewreihe im WDR unter dem Titel "Deutsche".
Veröffentlichung seiner Überlegungen zur Sicherheitspolitik in dem Buch "Deutschland und die Nato - Drei Reden".
- 1986
Veröffentlichung der Schrift "Die Welt der Westdeutschen. Kritische Betrachtungen", die den Versuch eines Psychogramms der westdeutschen Gesellschaft darstellt.
- 1988
Gaus wird mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet.
- 1989
Nach dem Fall der Mauer regt Gaus eine "Deutschland-Konferenz der vier Siegermächte" mit dem Ziel einer "zentraleuropäischen Konföderation" an. Dem Staatenbund sollen neben den beiden deutschen Staaten auch die CSFR und Ungarn angehören.
- 1990
Gaus startet im DDR-Fernsehen eine neue Reihe seiner erfolgreichen, nun von Alexander Kluge produzierten Talkshow "Zur Person" mit Interviews bekannter politischer Persönlichkeiten der DDR, die er nach der Wiedervereinigung bei der ARD fortsetzt.
Mit der Erzählung "Wendewut" tritt Gaus zum ersten Mal literarisch hervor.
Mitherausgeber der linksorientierten Wochenzeitung "Freitag".
Veröffentlichung der Schrift "Deutsche Zwischentöne - Gesprächsporträts aus der DDR".
- 1991
Verleihung des Deutschen Kritikerpreises.
Januar- Juni: Mitglied im neugeschaffenen Rundfunkbeirat der fünf neuen Bundesländer.
- 1998
Veröffentlichung von "Kein einig Vaterland. Texte von 1991 bis 1998".
- 1998/99
Neuauflage und Erweiterung der Reihe "Zur Person" in bisher fünf Bänden. Darin werden Interviews mit Schriftstellern (Band 1), Ministerpräsidenten (Band 2), bildenden und darstellenden Künstlern (Band 3), Frauen (Band 4) und Zeugen der Geschichte (Band 5) wiedergegeben.
- 1999
18. August: Die im Laufe der Zeit entstandenen über 180 Interview-Porträts werden an das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn in Form einer Videodokumentation übergeben.
- 2001
Oktober: Nach fast 30-jähriger Mitgliedschaft tritt Gaus aus der SPD aus. Als Motiv nennt er die uneingeschränkte Solidarität der Regierung Gerhard Schröder (SPD) mit dem Anti-Terror-Krieg der USA nach dem 11. September.
Für seine Interviewreihe "Zur Person" führt Gaus ein Interview mit dem RAF-Terroristen Christian Klar (geb.1952). In den nächsten Jahren bleibt er mit Klar in Besuchskontakt und setzt sich für dessen Begnadigung ein.
- 2004
14. Mai: Nach langer Krebserkrankung stirbt Günter Gaus in Hamburg.
November: Veröffentlichung seiner unvollendeten Memoiren "Widersprüche. Die Erinnerungen eines linken Konservativen".
(bs/iz) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 13.04.2016
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Schmidt, Barbara/Zündorf, Irmgard: Biografie Günter Gaus, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/guenter-gaus.html
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