Vergangene Ausstellung

05.04.2017–07.01.2018

Inszeniert

Deutsche Geschichte im Spielfilm

„Warum hat keiner was getan?“, „Das war doch alles seit 30 Jahren bekannt.“ Schon diese zwei Zuschauerreaktionen geben einen Einblick in die Debatte rund um den 1979 im deutschen Fernsehen ausgestrahlten Vierteiler „Holocaust“. Die US-Serie ist ein besonders eindrückliches Beispiel für die Wirkung von Filmen zu historischen Themen. Sie prägen den Blick auf bestimmte Ereignisse, lösen Debatten aus und sind selbst Zeitdokumente. Noch stärker als Dokudramen oder Dokumentationen sind Spielfilme in der Lage, Emotionen auszulösen und Zuschauerinnen und Zuschauer in eine bestimmte Zeit zurückzuversetzen.

Unsere Wechselausstellung „Inszeniert“ zeigt, welche Themen der deutschen Geschichte die Kino- und Filmlandschaft seit 1945 prägen. Worin unterscheiden sich ost- und westdeutsche Filme zum Widerstand im Nationalsozialismus? Wie beeinflussen Heinz-Erhardt-Filme wie „Mein Mann, das Wirtschaftswunder“ das Bild der Bundesrepublik der 1950er-Jahre? Und in was für einem Umfeld entdecken Regisseure in der jüngeren Vergangenheit Themen wie Flucht und Vertreibung der Ostpreußen?

Die Gestaltung der Ausstellung orientiert sich an der Architektur von Kinos und Filmstudios. Sie umfasst sieben Themenbereiche, in denen immer ein Film im Vordergrund steht, der eine besonders große öffentliche Wirkung erzielte. Zum Beispiel „Operation Walküre“ über den Widerstandskämpfer Stauffenberg, „Unsere Väter, unsere Mütter“ über den Zweiten Weltkrieg oder „Das Leben der Anderen“ über die Staatssicherheit in der DDR. Zeitungsausschnitte und Zitate zeigen die zeitgenössischen Debatten um die Filme und ihre Themen. Filmrequisiten wie Maria Furtwänglers Mantel aus „Die Flucht“ oder die Film-Uniform Stauffenbergs verdeutlichen das schwierige Verhältnis von historischer Realität und filmischer Umsetzung.

Prof. Dr. Gisela Dachs, Foto: Vered Navon
Eren Güvercin, Foto: Privat
Christoph Schult, Foto: Dominik Butzmann
Dr. Ronen Steinke, Foto: Hannes Leiblein
Prof. Dr. Jörg Deventer, Foto: Dubnow Institut
Dr. Susanne Wasum- Rainer, Foto: Omri Meron
Ausschnitt aus einem Kontaktabzug (BAM1966006W00062#F), Besuch von Konrad Adenauer bei David Ben-Gurion im Kibbuz Sde Boker, 1966. Mit freundlicher Genehmigung des Micha Bar-Am Archive.

Jahreskonferenz des Simon-Dubnow-Instituts
Staatsräson auf dem Prüfstand. Deutschland, Israel und der 7. Oktober Podiumsdiskussion
Mit Jörg Deventer (Stellv. Leiter Simon-Dubnow-Institut), Eren Güvercin (Alhambra Gesellschaft e. V.), Christoph Schult (Redakteur, DER SPIEGEL), Ronen Steinke (Redakteur, Süddeutsche Zeitung) und Susann Wasum-Rainer (ehemalige Diplomatin)
Moderation: Gisela Dachs (Publizistin)
Anmeldung über: www.dubnow.de/veranstaltungen/podiumsdiskussion

Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat die Rede von der Staatsräson insbesondere in Deutschland eine auffällige Konjunktur erfahren. In den vergangenen Monaten haben Politikerinnen und Politiker unterschiedlicher Parteien wiederholt und prominent auf den Begriff verwiesen. Sie wollten damit das deutsche Verhältnis zu Israel und die daraus resultierenden Reaktionen auf die Ereignisse justieren.
Die Konjunkturen des Begriffs „Staatsräson“ sind untrennbar mit der Erfahrung und dem Gedächtnis von Holocaust und Nationalsozialismus verbunden. Die heutige Begriffssetzung scheint sich aus der Abgrenzung zur deutschen Vergangenheit heraus zu bestimmen. Hingegen war es nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst gerade diese Vergangenheit, die einen Bezug auf jene „Staatsräson“ problematisch machte.
Mit dem Ende des Kalten Krieges einigten sich weite Teile Europas auf eine gemeinsame Erinnerungskultur mit dem Holocaust als negativem Gründungsereignis. Heute sieht man diesen Bezugsrahmen zerbrechen – angesichts globaler Krisen und sich verschiebender Wahrnehmungen.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion sollen diese Transformationen in den Blick genommen werden. Dabei deuten die gegenwärtigen Debatten um die Staatsräson an, dass eine weitere Transformation des Begriffs bevorstehen könnte, die nicht nur dessen Gültigkeit unterminiert, sondern auch die Suche nach neuen Termini notwendig macht.

Prof. Dr. Gisela Dachs ist Publizistin und Kommunikationswissenschaftlerin. Seit 2016 lehrt und forscht sie am Zentrum für Deutschlandstudien und am European Forum der Hebräischen Universität in Jerusalem. Als Journalistin berichtete sie für die Zeit mehr als zwanzig Jahre exklusiv aus Israel. Heute arbeitet sie als freie Korrespondentin, unter anderem für die NZZ am Sonntag. Sie ist Autorin mehrerer Bücher und Herausgeberin des Länderbericht Israel und des Jüdischen Almanach. Sie lebt in Tel Aviv.  

Eren Güvercin leitet bei der Alhambra Gesellschaft e. V. das Projekt „MuslimDebate 2.0 – Gesellschaft gemeinsam gestalten!“ Die Alhambra Gesellschaft wurde 2017 gegründet und ist ein Zusammenschluss von deutschen Muslimen, die einerseits innermuslimische Debatten anstoßen und andererseits muslimische Perspektiven auf gesamtgesellschaftliche Diskurse sichtbarer machen wollen.

Christoph Schult ist Journalist. Er verbrachte während der Schulzeit ein Jahr bei einer Gastfamilie in Israel und lernte dort Hebräisch. Schult studierte Geschichte und Politikwissenschaft in Hamburg und an der School of Oriental and African Studies in London. Anschließend absolvierte er den 23. Lehrgang der Henri-Nannen-Journalistenschule und wurde Redakteur im neugegründeten Hauptstadtbüro von Spiegel Online und Spiegel. Von 2006 bis 2010 war er Korrespondent des Magazins in Jerusalem, ab 2010 in Brüssel. Seit 2015 ist er als Redakteur im Spiegel-Hauptstadtbüro und dort für Außenpolitik und die Grünen zuständig.

Dr. Ronen Steinke ist promovierter Jurist und Lehrbeauftragter an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Hauptberuflich arbeitet er als leitender Redakteur im Politikressort der Süddeutschen Zeitung. Für seine Artikel und Bücher ist er unter anderem mit dem Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus und dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet worden.

Prof. Dr. Jörg Deventer ist leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Simon-Dubnow-Institut und Stellvertreter der Direktion. Er studierte Geschichte, Germanistik und Erziehungswissenschaften. Nach einer Promotion habilitierte er sich an der Universität Hamburg. Nach Stationen unter anderem am Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) an der Universität Leipzig, am Institut für Europäische Studien der Technischen Universität Chemnitz sowie dem Institut für Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg arbeitet er am Dubnow-Institut.

Dr. Susanne Wasum-Rainer ist Juristin und Völkerrechtsexpertin. Seit 1986 ist sie im höheren Auswärtigen Dienst, leitete die Konsularabteilung in Marokko und war als Kulturattachée in der deutschen Botschaft in Tel Aviv stationiert. Sie war Botschafterin in Frankreich und dem Fürstentum Monaco (2012–2015), in Italien und San Marino (2015–2018) und in Israel (2018–2022). Sämtliche Leitungsfunktionen waren mit ihr erstmals einer Frau übertragen worden. Seit 2024 ist sie Vizepräsidentin der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung.


Eine Veranstaltung des Leibniz-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow e. V.

 

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Publikationen
Auf dem Cover ist die Grafik eines Kinosaals mit roten Sitzreihen, auf der Leinwand steht der Titel der Ausstellung

Begleitbuch zur Ausstellung

Das Begleitbuch bietet Hintergrundtexte, Gastbeiträge und Interviews mit Schauspielern und Filmemachern wie Stefan Aust, Hanna Schygulla und Maria Furtwängler.

Museumsmagazin zur Ausstellung

Lesen Sie mehr über die "Inszeniert"-Ausstellung im Museumsmagazin 2/2016.

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Einblicke
Drei Personen schauen sitzend, eine stehend auf eine große Filmprojektion mit drei jungen Männern, die gerade aus ihren Biergläsern trinken