Nach Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte entstehen während der 1970er Jahre in vielen osteuropäischen Ländern Bürgerrechtsgruppen. Sie fordern die Einhaltung der Menschenrechte und politische Freiheiten. Die Kritik am "real existierenden Sozialismus" und an der schlechten Wirtschaftslage wird immer lauter. Auch in der DDR nimmt die Unzufriedenheit zu. Das Fehlen demokratischer Strukturen zwingt die Bürger der DDR, sich zwischen Anpassung oder Ablehnung zu entscheiden. Abweichung vom vorgeschriebenen Weg wertet die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) jedoch als Angriff auf das System. Aufgrund der starren Haltung der SED und der Zunahme der staatlichen Repressionen wächst die Zahl der DDR-Bürger, die einen Ausreiseantrag stellen.
Am 28. Juni 1979 nimmt die Volkskammer das 3. Strafrechtsänderungsgesetz an und verschärft damit das politische Strafrecht in der DDR. Teilweise sind die Straftatbestände so allgemein gefaßt, dass sie dem SED-Regime erlauben, jederzeit gegen kritische Bürger vorzugehen. Dies gilt vor allem für die Paragraphen 106 "Staatsfeindliche Hetze" und 220 "Öffentliche Herabwürdigung". Mit wachsendem Mut riskieren Bürgerrechtler trotzdem die Konfrontation mit der Staatssicherheit.
Misstrauisch beobachtet das SED-Regime auch die inoffizielle Friedens- und Umweltbewegung, die sich zu Beginn der 80er Jahre mit Unterstützung der Kirche entwickelt. Erkennungszeichen der Friedensbewegung ist eine Darstellung des Bibelspruchs "Schwerter zu Pflugscharen". Der Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR veranstaltet unter diesem Symbol seit November 1980 jährlich Friedensdekaden. Von Ost-Berliner Friedensgruppen wird 1986 die Bürgerrechtsgruppe "Initiative Frieden und Menschenrechte" gegründet. Die ebenfalls 1986 in Ost-Berlin eröffnete Umweltbibliothek entwickelt sich zum wichtigen Informationszentrum für oppositionelle Gruppen. Von Mitgliedern der Umweltbibliothek geht 1988 auch die Initiative zum Zusammenschluss der verschiedenen Umweltgruppen der DDR zur Arche - grün-ökologisches Netzwerk in der Evangelischen Kirche aus.
(ag, reh) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 17.06.2015
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Grau, Andreas/Haunhorst, Regina: Opposition und Bürgerbewegung, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/niedergang-der-ddr/opposition-und-buergerbewegung.html
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