Die Ausstrahlung der amerikanischen Filmserie "Holocaust" 1979 und ihr Echo in der Presse lassen den Völkermord an den Juden Europas wieder ins öffentliche Bewusstsein treten. Die Entdeckung angeblicher "Hitler-Tagebücher" durch die Illustrierte Stern 1983, die Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation und auch der Besuch des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan 1985 auf dem Soldatenfriedhof in Bitburg geben der Auseinandersetzung immer wieder neue Impulse. Selbst eine wissenschaftliche Kontroverse, der sogenannte "Historiker-Streit", über die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenverfolgung beschäftigt die Öffentlichkeit stark.

Die amerikanische Serie "Holocaust", die im Januar 1979 in fünf Dritten Programmen ausgestrahlt wird, erschüttert ein Millionenpublikum. Mehr als 20 Millionen Deutsche verfolgen das Schicksal zweier deutschen Familien in der Zeit des Nationalsozialismus am Fernseher. Der aus der Bibel stammende Begriff "Holocaust" wird durch die Serie weltweit zum Synonym für politisch-motivierten Massenmord. Die Darstellung der Judenvernichtung in Form einer "Seifenoper" - so der Schriftsteller Elie Wiesel (1928-2016) - löst jedoch auch Kritik aus. 1983 erregt die Illustrierte "Stern" großes Aufsehen mit der Nachricht, Hitlers Tagebücher entdeckt zu haben. Die Bücher, deren Echtheit deutsche Historiker von Anfang an in Zweifel ziehen, werden jedoch bald als Fälschung des Militaria-Händlers Konrad Kujau (1938-2000) enttarnt.

1986 entzündet sich der "Historiker-Streit" an den Thesen des Berliner Historikers Ernst Nolte (1923-2016), der die nationalsozialistische Massenvernichtung zu den stalinistischen Verbrechen in Beziehung setzt und Parallelen zwischen Nationalsozialismus und Stalinismus aufzeigt. Kritiker wie Jürgen Habermas sehen darin den Versuch, die Einzigartigkeit des Judenmordes zu relativieren. Nolte stößt mit diesen Thesen auf heftigen Widerspruch im In- und Ausland. Dabei geht es in dieser weitreichenden Kontroverse immer auch um das politisch-historische Selbstverständnis der Deutschen.Die Toleranz der Öffentlichkeit gegenüber einem unangemessenen Umgang mit der (eigenen) nationalsozialistischen Vergangenheit, lässt spürbar nach. So muss der baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger (1913-2007) (CDU) 1978 zurücktreten, als durch Recherchen des Dramatikers Rolf Hochhuth seine Mitwirkung an Todesurteilen als Marine-Richter im "Dritten Reich" bekannt wird. Zehn Jahre später führt die Gedenkstunde zum 50. Jahrestag der Reichspogromnacht zum Rücktritt von Bundestagspräsident Philipp Jenninger. Sein Versuch, die "Faszination" des Nationalsozialismus zu erklären, lässt den nicht beabsichtigten Eindruck aufkommen, er wolle die Gewalttaten rechtfertigen. Dagegen findet die Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation weltweit positive Beachtung. Er stellt darin heraus, dass nicht das Kriegsende, sondern die Übergabe der Macht an die Nationalsozialisten das Schreckensdatum der deutschen Geschichte sei.

(ahw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 07.08.2017
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Hinz-Wessels, Annette: Aufarbeitung des Nationalsozialismus, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/bundesrepublik-im-umbruch/aufarbeitung-des-nationalsozalismus.html
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