In den 1980er Jahren bekommen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF private Konkurrenz. Die Möglichkeit, durch die neuen Übertragungstechniken Breitbandkabel und Satellit mehr Hörfunk- und Fernsehprogramme als auf den herkömmlichen Funkwellen zu verbreiten, führt zu einer Neugestaltung des Mediensystems. 1984 nehmen die ersten Kabelpilotprojekte den Sendebetrieb auf. Drei Jahre später beschließen die Ministerpräsidenten der Länder einen Staatsvertrag über die Neuordnung des Rundfunkwesens, in dem öffentlich-rechtliche Anstalten und Privatsender nebeneinander existieren. Nach zögerlichem Start üben die kommerziellen Anbieter mit Hilfe der fortschreitenden Verkabelung und dem Ausbau der Privatsender bereits Ende der 1980er Jahre einen enormen Druck auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten aus. Der Kampf um Einschaltquoten bestimmt von nun an das Programmangebot.
Seit 1982 wird von der Bundespost die großflächige Verkabelung mit Breitbandkabel vorangetrieben. Nachdem die SPD-regierten Bundesländer ihren Widerstand gegen kommerzielle Programmanbieter aufgegeben haben, startet 1984 das erste Kabelfernsehprojekt in Ludwigshafen im Rahmen eines Pilotprojekts. Weitere Versuchsprojekte werden in West-Berlin, München und Dortmund durchgeführt. Ebenfalls 1984 geht als erster privater Anbieter Radio Luxemburg mit RTL plus in der Bundesrepublik auf Sendung, ein Jahr später folgt das kommerzielle Satellitenprogramm SAT 1. Die Umstrukturierung der Fernsehlandschaft ist bereits weit fortgeschritten, als sich die Ministerpräsidenten am 3. April 1987 in einem Staatsvertrag auf eine duale Rundfunkordnung einigen, die sowohl den wirtschaftlichen Interessen der privaten Programmanbieter als auch dem Informations- und Bildungsauftrag der öffentlichen Anstalten gerecht werden soll.
Die privaten Anbieter versuchen, mit einem unterhaltungsorientierten Programm möglichst hohe Einschaltquoten zu erzielen, um ihre Werbeeinnahmen zu steigern. Durch die fortschreitende Verkabelung, die Freigabe weiterer terrestrischer Frequenzen und Preissenkungen bei den Satellitenempfängern erreichen die beiden größten Privatsender, RTL plus und SAT 1, 1987 bereits 1,5 Millionen Zuschauer. 1990 erzielen sie zusammen bereits einen Zuschauer-Anteil von 20,3 Prozent. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die durch den Staatsvertrag weiterhin zu einem qualifizierten Informations- und Bildungsangebot verpflichtet sind, setzen angesichts der Herausforderung der Privatsender auf eine veränderte Programmgestaltung mit eigenproduzierten Unterhaltungsserien.
(ahw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 05.05.2003
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Hinz-Wessels, Annette: Privatfernsehen, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/bundesrepublik-im-umbruch/privatfernsehen.html
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