Die Verhaftung der führenden Köpfe der Baader-Meinhof-Gruppe im Juni 1972 beendet den Linksterrorismus nicht. Die Brutalität der Anschläge nimmt sogar noch zu. Trotz scharfer Bewachung gelingt es den Terroristen, über Mittelsmänner Mitteilungen aus dem Gefängnis an die im Untergrund agierenden Aktivisten zu schmuggeln. Die in verschiedenen Strafanstalten inhaftierten RAF-Häftlinge treten gemeinsam am 13. September 1974 in den Hungerstreik. Der Staat soll damit unter Druck gesetzt und die Handlungsfähigkeit der RAF demonstriert werden. Den eigenen Tod kalkulieren die Terroristen mit ein: Am 9. November 1974 stirbt Holger Meins (geb.1941) an den Folgen des Hungerstreiks.
Einen Tag später erschießt die Terrorgruppe "Bewegung 2. Juni" in West-Berlin den Präsidenten des Kammergerichts, Günter von Drenkmann (geb.1910). Im Februar 1975 entführt die "Bewegung 2. Juni" dann den Vorsitzenden der Berliner CDU, Peter Lorenz (1922-1987). Die Entführer stellen ein Ultimatum: Innerhalb von 72 Stunden sollen sechs inhaftierte Mitglieder der "Bewegung 2. Juni" freigelassen und zu einem Ziel ihrer Wahl geflogen werden. Der in Bonn gebildete Krisenstab unter Vorsitz von Bundeskanzler Schmidt gibt in diesem einzigen Fall nach. Die Terroristen können am 3. März 1975 in die Volksrepublik Jemen fliegen. Lorenz wird daraufhin freigelassen.
Im "Deutschen Herbst" 1977 erreicht die Terrorwelle ihren Höhepunkt mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer in Köln am 5. September. Die Terroristen fordern die Freilassung von elf inhaftierten Gesinnungsgenossen, darunter Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Diesmal bleibt die Bundesregierung jedoch hart. Zur Unterstützung der Schleyer-Kidnapper entführen deshalb palästinensische Terroristen am 13. Oktober 1977 die Lufthansa-Maschine "Landshut" nach Mogadischu. Es gelingt jedoch am 18. Oktober einer Spezialeinheit des Bundesgrenzschutzes, der GSG 9, die Maschine zu stürmen und die Geiseln zu befreien. Daraufhin verüben Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe (geb. 1944) in ihren Zellen Selbstmord. Einen Tag später wird im Kofferraum eines Autos im Elsaß die Leiche Hanns-Martin Schleyers gefunden.
(ag, reh) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 28.07.2017
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Grau, Andreas/Haunhorst, Regina: "Deutscher Herbst", in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/linksterrorismus-rote-armee-fraktion/deutscher-herbst.html
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