Mitte der 1970er Jahre verkauft der Flick-Konzern Aktien im Wert von fast 2 Milliarden D-Mark. Der Erlös wird jedoch reinvestiert. Für diese Wiederanlagen beantragt das Unternehmen beim Bundeswirtschaftsministerium Steuerbefreiung. Die Anträge werden als "volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig" genehmigt. Zur selben Zeit erhalten die FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (1926-2009) und Hans Friderichs (geb. 1931) großzügige Spendengelder vom Flick-Konzern. Wegen des Verdachts der Bestechung und Steuerhinterziehung erhebt die Bonner Staatsanwaltschaft im November 1983 Anklage gegen die beiden Minister und den ehemaligen Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch (1926-2009).
Die Flick-Spendenaffäre weitet sich rasch zu einer Parteispendenaffäre aus, als sich herausstellt, dass CDU, CSU, SPD und FDP entgegen den gesetzlichen Vorschriften in großem Umfang Spenden aus der Industrie erhalten haben. Während der 1970er Jahre verteilt allein der Flick-Manager von Brauchitsch 26 Millionen D-Mark an Spendengeldern. Der Versuch der christlich-liberalen Koalition, durch ein Gesetz Spender und Parteifunktionäre nachträglich zu amnestieren, scheitert im Mai 1984 aufgrund der öffentlichen Entrüstung.
Im Verlauf der Flick-Spendenaffäre treten Bundestagspräsident Rainer Barzel und Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff zurück. Der Prozess vor dem Bonner Landgericht gegen Graf Lambsdorff, Friderichs und von Brauchitsch endet im Februar 1987 mit der Verurteilung der Angeklagten wegen Steuerhinterziehung. Ob der Flick-Konzern durch seine Parteispenden politische Entscheidungen beeinflußt hat, bleibt allerdings offen. In der Öffentlichkeit hinterlässt die Affäre trotzdem den Eindruck einer allzu engen Verflechtung von Wirtschaft und Politik.
(ag) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 05.05.2003
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Grau, Andreas: Affären, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-krisenmanagement/bundesrepublik-im-umbruch/affaeren.html
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