Der akute Arbeitskräftemangel zwingt die DDR-Regierung, möglichst viele Frauen in den Produktionsprozess einzubeziehen. Zwischen 1952 und 1970 steigt ihr Anteil an den Berufstätigen von 42,7 auf 48,3 Prozent. Die wirtschaftlichen Ziele machen den verstärkten Einsatz von Frauen in traditionellen "Männerberufen" notwendig. Nach der Eheschließung bleiben Frauen häufig berufstätig. Ein dichtes Netz von Kinderkrippen soll ihnen die Doppelrolle in der Familie und am Arbeitsplatz erleichtern. Führungspositionen in Wirtschaft und Politik bleiben ihnen jedoch weitgehend verschlossen.

Die Förderung der Frauenarbeit hat auch ideologische Gründe: In der Tradition des Marxismus-Leninismus wird die vollständige Gleichberechtigung von Frauen erst durch ihre Eingliederung in den Produktionsprozess erreicht. In den 1960er Jahren ist ihr Arbeitseinsatz in erster Linie jedoch eine ökonomische Notwendigkeit. Die fortbestehende traditionelle Rollenverteilung im Alltag zwingt die DDR zum verstärkten Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, um Frauen zu entlasten und ihre Bereitschaft zur Ganztagsbeschäftigung und Weiterbildung zu fördern.

Das Familiengesetzbuch der DDR vom Dezember 1965 fordert von den Ehepartnern gegenseitige Unterstützung, um Frauen die Vereinbarung von Beruf und Mutterschaft zu erleichtern. Untersuchungen aus dem Jahr 1970 belegen jedoch, dass Frauen durch Haushalt und Beruf weiterhin überdurchschnittlich belastet sind. Der anhaltende Trend zur Teilzeitarbeit und sinkende Geburtenraten führen in den 1970er Jahren zu einer Neuorientierung der Frauen- und Familienpolitik. Staatliche Maßnahmen wie bezahlter Mutterschutzurlaub und Arbeitsplatzgarantie, zusätzliche Urlaubstage und Erhöhung des Kindergeldes sollen dem Bevölkerungsrückgang entgegenwirken.

(ahw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 05.05.2003
Text: CC BY NC SA 4.0

Empfohlene Zitierweise:
Hinz-Wessels, Annette: Frauen und Familie, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/reformversuche-im-osten/frauen-und-familie.html
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