Nach ihrer Gründung beschreiten die beiden deutschen Staaten im Spannungsfeld des "Kalten Krieges" unterschiedliche Wege: Die Bundesrepublik Deutschland richtet sich politisch nach Westen aus, die Deutsche Demokratische Republik (DDR) nach Osten auf die Sowjetunion. Dies verhindert eine rasche Wiedervereinigung und die Lösung der "Deutschen Frage" bleibt offen. Die unterschiedlichen Wege der beiden deutschen Staaten prägen deren Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Der Bau der Berliner Mauer 1961 zementiert schließlich die deutsche Teilung.
Weg nach Westen
Die Bundesrepublik unter Kanzler Konrad Adenauer verfolgt den Kurs der Westbindung. Um die volle Souveränität zu erreichen, will Adenauer, dass die Bundesrepublik in den Kreis der westlichen Demokratien aufgenommen wird. Zwar ist Adenauers Kurs innenpolitisch heftig umstritten, doch er erreicht die Aufnahme Westdeutschlands in die westlichen Militärbündnisse, die Wiederbewaffnung und die Einbindung in die entstehenden europäischen Institutionen. Auch gelingen Anfänge der Aussöhnung mit Frankreich.
Weg nach Osten
In der DDR setzt die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) eine diktatorische Herrschaft nach Vorbild der Sowjetunion durch. Die stalinistische Kaderpartei bestimmt das politische System und sichert ihre Macht durch die Justiz und das Ministerium für Staatssicherheit. Das SED-Regime gliedert die DDR in das System der sowjetischen Satellitenstaaten ein und gestaltet die Gesellschaft auch gegen Widerstände wie den Volksaufstand am 17. Juni 1953 nach sozialistischen Vorstellungen um. Walter Ulbricht setzt sich als mächtigster Mann in Partei und Staat durch.
"Deutsche Frage"
Die "Deutsche Frage" nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten beschäftigt Deutsche wie Siegermächte des Zweiten Weltkriegs zugleich. Allerdings herrschen in West und Ost sehr unterschiedliche Vorstellungen, wie die Einheit zu erreichen ist. Mit der Einbindung der beiden Staaten in die sich gegenüberstehenden "Blöcke" rückt die Wiedervereinigung in den Hintergrund. Die Bundesrepublik versucht ihren Alleinvertretungsanspruch durchzusetzen, die DDR sucht internationale Anerkennung.
Erinnerung und Wiedergutmachung
Unterschiedlich ist auch die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit. Die DDR sieht sich in antifaschistischer Tradition und lehnt Verantwortung für die Opfer ab. Die Bundesrepublik sichert Israel im "Luxemburger Abkommen" Wiedergutmachungszahlungen zu. Juden, Flüchtlinge und Vertriebene organisieren sich in Interessenverbänden. In völlig unterschiedlicher Weise berufen sich beide deutsche Staaten auf den Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
Kulturelles Leben
Auch im kulturellen Leben schlägt sich die deutsche Teilung nieder. Zwar schätzen die Deutschen in West wie Ost besonders die Unterhaltung - Kino und Hörfunk erleben einen Boom. Aber dort wie auch in Literatur, Zeitungen, Zeitschriften oder Comics zeigt sich, dass beide Staaten unterschiedlichen Wertesystemen angehören. Der Sport hingegen ist vielfach ein verbindendes Element.
Wirtschaft und Gesellschaft im Westen
Der Westen erlebt mit der Sozialen Marktwirtschaft und der Rückkehr zur Weltwirtschaft ein "Wirtschaftswunder". Der Ausbau des Sozialstaats beginnt, die Landwirtschaft modernisiert sich. Langsamer hingegen verändert sich das Rollenbild der Frau. Der Aufschwung ermöglicht breiten Teilen der Gesellschaft Konsum und Motorisierung. Jugendliche finden eine eigene, amerikanisch geprägte Jugendkultur.
Wirtschaft und Gesellschaft im Osten
Im Osten setzt das SED-Regime auf umfassende Zentralplanwirtschaft. Auch Landwirtschaft und Wohnungsbau sind eingebunden. Ein Chemieprogramm verspricht Modernisierung und Konsumgüter. Der Alltag der Ostdeutschen ist jedoch von Versorgungsmängeln gezeichnet. Brigaden bestimmen das Arbeitsleben und weit mehr Frauen als im Westen sind berufstätig. Eine enge Bindung der Jugend an die Diktatur misslingt dem SED-Regime, wenngleich die Einführung der Jugendweihe ein Erfolg ist. Opposition und Widerstand treten der Diktatur fortwährend entgegen.
"Kalter Krieg"
Die politische, kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ausrichtung von Bundesrepublik nach und DDR nach Osten ist Teil des "Kalten Krieges". Der Korea-Krieg beschleunigt die Einbindung der beiden deutschen Staaten in die "Blöcke". Das geteilte Deutschland wird zu einer "Front" des "Kalten Krieges". West- wie Ostdeutsche fürchten, dass Deutschland Kriegsschauplatz werden könnte. Dies prägt Reaktionen auf internationale Ereignisse wie Aufstände und Krisen.
Der Mauerbau
Besonderer Krisenherd des "Kalten Kriegs" ist das geteilte Berlin. Dies zeigt sich mit der Zweiten Berlin-Krise 1958 erneut. Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 beendet das SED-Regime nach Absprache mit der Sowjetunion die massenhafte Flucht der Menschen von Ost- nach Westdeutschland. Die USA wiederum verpflichten sich mit der Rede von Präsident John F. Kennedy 1963 der Freiheit West-Berlins. Die Berliner Mauer wird zum Symbol der dauerhaften deutschen Teilung.
(mw) © Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Stand: 16.10.2014
Text: CC BY NC SA 4.0
Empfohlene Zitierweise:
Würz, Markus: Geteiltes Deutschland: Gründerjahre, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-gruenderjahre.html
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